Oberon eroberten mein Herz durch Zufall, kaufte ich mir die selbstbetitelte Debut-EP 1996 (die auch über Prophecy vertrieben wurde) doch rein nach dem Cover. Ein kleines Glück für mich, die vier enthaltenen Titel irgendwo zwischen Folk, Wave, ProgRock und Kitsch boten eine wunderschöne Atmosphäre, ein paar tolle Melodien (die mich den Kitsch verschmerzen ließen) und der Name Oberon verankerte sich in meinem Gedächtnis positiv. Diverse Veröffentlichungen entstanden in Eigenproduktion und heute, 17 Jahre nach der EP kehrt Bard Oberon zu Prophecy zurück. Und wieder lockt mich das Cover, dieses Mal mit dezenten Farben und angedeutetem Jugendstil. Die Genredaten bleiben eigentlich erhalten – Folk mit hohem Keyboardanteil, in die Ferne schweifende E-Gitarren und klarer Gesang: Oberon bieten romantische, zum Teil pompöse Melodien mit viel Schmacht und Kitsch. Ich bin überrascht, wie sehr das Album trotz der langen Zwischenzeit mit dem Sound der EP verknüpft ist, sowohl melodiös als auch durch den unverkennbaren Gesang. Doch die damalige Begeisterung kommt zu keinem Zeitpunkt auf – leider! Dies liegt nicht an der Produktion oder dem instrumentalem Können. Hier ist eine deutliche Entwicklung vorwärts deutlich. Gleiches lässt sich leider nicht über den Gesang sagen. Es mag sein, dass dieser auf einem ähnlichen Stand ist wie 1996, doch alleine durch die gewählten Gesangslinien und Oktaven und eventuell durch die tranzparente Produktion werden viele kleine Misstöne deutlich. Bard Oberon hat einen schönen Stimmklang mit hohem Wiedererkennungswert, aber wenn er im Opener „Empty und marvelous“ zu hoch und damit zu dünn klingt, dann passt das nicht zur getragenen Melodie. Ein weiteres deutliches Beispiel ist das Anheben der Stimme am Ende von „Dark world“ – die Idee ist gut und mit einem geübten Sänger wäre dies eine Bereicherung für die Ballade, doch hier klingt es einfach nur etwas neben der Spur. Ich hab ja oft das Gefühl, im (Neo)Folk gehört schwacher Gesang und leichte Misstöne zum (höhö) guten Ton, mich stört es aber einfach, vor allem bei einem kompletten Albumdurchlauf. Das zweite große Problem wird durch die erhöhte Anzahl an Songs verstärkt: waren die 4 EP Stücke damals schon kitschig, lieblich und sehr zahm bietet ‚Dream awakening‘ diesen Eindruck auf fast 40 Minuten gestreckt. Und leider wird vor allem zu Beginn keine Melodie geboten, die diesen Umstand ausgleicht – alles wabert die ersten 20 Minuten nett und leider belanglos am Hörer vorbei. Schöne Hintergrundmusik…. Und damit für mich eine herbe Enttäuschung. Ab dann lohnt sich das Album... endlich. "I can touch the sun with my heart" bietet als siebtes Lied durch seinen rockigen Ausbruch aus dem Schema F den ersten erleichternden Aufhorcher für mich, das folgende und tolle "Phoenix" sollte die Messlatte für das komplette Album darstellen. "Secret Flyer" und das abschließende "Age of the moon" sind auch noch gut zu hören. Dann ist Schluß. Es tut mir leid, aber das war in meinen Ohren nur nett, aber durch weitgehend fehlende Hits und einer schwachen Gesangsleistung eigentlich nicht notwendig. 2,5 Punkte für das Album, 0,5 Bonus für das wirklich schöne "Phoenix" (das man mit dem zweiten Link hören kann).