Nachdem ich mein Herz aktuell ja an Wardruna und ihr phänomenales aktuelles Album verschenkte, wollen mich die nordischen Götter nun gen Osten locken. Nytt Land entstammen der sibirischen Taiga und verfolgen ganz ähnliche musikalische und inhaltliche Ziele. Entsprechend waren sie auch bereits im Vorprogramm einer Wardruna Tour durch Osteuropa – damit ist eine der Hauptreferenzen wohl deutlich genug benannt, das Schamanenkonglomerat Heilung ist die zweite, denn Nytt Land gehen etwas monotoner, ritueller und an vielen Stellen ambientlastiger vor als der große Vorreiter der Szene. Die Wiederauflage ihres 2017er Werkes ‚Fimbulvinter‘ inklusive zwei Bonustracks soll nun also mein Einstand darstellen. Aber da ich Tante Google ausgiebig befragte, kann ich berichten, dass 2018 ein weiteres, traditionelleres Ritual Folk Album unter dem Namen ‚Odal‘ erschien, bevor man 2020 mit ‚Cvlt‘ einen leichten Kurswechsel wagte und durch das Einfügen monotoner, elektronischer Sequenzen eine Annäherung an zum Beispiel Danheim wagte.

Selbstgebastelte Instrumente, der Wille, authentisch zu agieren und die thematische Abarbeitung des nordischen Götterglaubens – das ist nicht neu, aber aktuell durchaus en vogue und Nytt Land sind immerhin schon seit 2013 aktiv. Das Fundament ist weitaus weniger melodisch als bei Wardruna, Trommeln, sich stetig wiederholende Streicher- und Flötenmelodien und langgezogene, unbestimmte und dumpfe Klänge beherrschen das instrumentale Klangbild und sind damit ideales Fundament für rituelle, eher weniger gesungene als wie in Trance von sich gegebetete Mantren. Und genau hier sind Nytt Land angenehm besonders: Kehlkopfgebrummel, weiblicher, unaufgesetzter Gesang, der mich ein wenig an Din Brad erinnert und männlicher Gesang – alles, insbesondere der Kehlkopfgesang, nicht bemerkenswert, aber ausgesprochen authentisch, passend und mit dieser osteuropäsch-schwermütigen Note in der Betonung. Es ist ein schönes Gesamterlebnis, eher eine Untermalung für eine Meditation oder jetzt gerade, wo das Land vereist und starr stillsteht, eine ausgiebige Wanderung in der Kälte. Ich bin an keiner Stelle so ergriffen wie bei der aktuellen Scheibe von Wardruna, - das ist aber auch nicht unbedingt das Ziel. ‚Fimbulvinter‘ ist das Zeugnis eines Rituals, Schöpfung und Tod aller lebenden Dinge.

Wer sich im Kosmos der genannten Bands wohlfühlt und nicht genug bekommt von authentischer nordischer Musik, gespielt von authentisch gekleideten Musikern auf authentischen Instrumenten, der darf sich auch gerne nach Sibirien vorwagen – falsch kann man da nichts machen.

 

Nytt Land

Fimbulvinter

 

28.01.2021

Cold Spring

 

https://nyttland.bandcamp.com/album/fimbulvinter

 

01. Dauði Balder (Völuspá, 31-35)
02. Gullinkambi (Völuspá, 42-44)
03. Ár Var Alda (Helgakviða Hundingsbana I, 1-4)
04. Fimbulvinter
05. Gjallarhorni (Völuspá, 46-48)
06. Fenris Kinder (Völuspá, 40-41)
07. Hittusk Æsir (Völuspá, 7-10)
08. Sal Sér Hon Standa (Völuspá, 64-66)
09. Surtr Ferr Sunnan (Völuspá, 52,57)
10. Bróðurbana Sínum (Hávamál, 89-91)
11. The Last War
12. Winter Day