Nieder mit Normal, weg mit Schubladen. Wie wäre es mit einer EP, die endlich mal wieder zeigt, dass Punkt keine festgelegte Musikschiene sein muss sondern ein Lebensgefühlt, dass auch bei anderer Instrumentierung durchkommt? Wie wäre es mit einer EP, die ein Wechselbad zwischen Überzeugung, Abgestoßenheit, Ratlosigkeit, Genervtheit und Begeisterung offeriert? Eingezimmert von einem Club der notorisch (Anders)Denker, von denen man genau soetwas auch erwartet: Jens Rachut (Dackelblut, Kommando Sonne-Nmilch), Frankie Stubbs (Leatherface), Mense Reents (Egoexpress, Die Goldenen Zitronen) und Thomas Wenzel (Die Sterne) haben sich also zusammengesetzt und die nuclear raped fuck bomb gezündet. Um Mike Krüger mal zu zitieren: "Ist das Kunst oder kann das weg?" - Hier wird letztendlich jederfür sich entscheiden müssen, was er mit den 28 Minuten Obskurität veranstaltet. Aus sehr unterschiedlichen Elementen setzt sich das Klangbild der Hamburger Bombe zusammen. Und anders als erwartet (und damit ja auch wieder nicht, denn von diesen Musikern erwarte ich sowieso nur eines: das Gegenteil) wird hier gar nicht versucht, die Elemente Punkgitarre, stumpfe Billigbeats (Halli Hallo Eurotrash) und unbequeme jazzige Töne zu verbinden. Nö – in den 7 Liedern wird einfach mal musiziert... oder halt gekracht. Die nuclear raped fuck bomb hat eine nicht unerhebliche Portion Trash-Faktor an Bord, die der Hörer erstmal verarbeiten muss. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Aufnahmen und die Produktion sich wirklich lange gezogen haben. Wohl aber bemerkt man in all dem Chaos voller Ungläubigkeit, dass die Herren es ja letztendlich können. Nach einem melancholisch-ruhigen Gitarrenintro, dass so ganz und gar nicht zum Rest passen kann und will gibt "Achtung Achtung" gleich mal alles um anzuecken. Ein rotzig sperriger Punksong mit ... jau, Billigbeats und und dem Gefühl, denoch wieder in den 80ern zu sein. Seltsam seltsam. Und gleich darauf zündet die "Nuclear raped fuck bomb" – und der Titelsong ist eine gute-Laune-gaga-Show der besonderen Art. Wieder haben wir omnipräsente Beats mit leichtem Drum'n'Base Einschlag, eine wunderbare hektische Pianolinie, Punkrockgitarren, Billig-Techno-Keyboard-Einsprengseln und Mitsingtexten, zu denen man eigentlich laut grölend auf der Tanzfläche stehen will. Feurio, was'n das nur ??? "Still here" wäre eigentlich so ein Punk-Wave Stück aus der Mitte der 80er, ruhig, wehmütig und wunderschön ... wäre da nicht der extrem laut abgemischte wummernde Bass, der vom Härtegrad eher in Richtung Industrial geht. Auf sperriges Experimentalfutter findet sich mit "Mosquito" auf der EP, unzugänglich, schräg, schief und doch irgendwie gut gipfelt das Stück in eine astreine Punknummer. Dann kommt "der Panzerfahrer" und damit der Höhe- (oder eben Tief-)Punkt des Albums. Ohne die Bässe wäre hätte das Stück die Qualitäten, in einer Reihe mit "Paul ist tot" der Fehlfarben oder ähnlichen Kalibern zu stehen. Aber es tuckert die Elektromaschine beständig und man muss es einfach gut finden... oder scheiße. Zur Versöhnung gibt es dann zum Abschluss noch einen unelektronisch sperrigen Track. Puh. Was ein Erlerbnis. Und um es mal zu erwähnen: die Texte sind so Punk und so altmodisch charmant wie spannend und gut. Knapp gehalten und ein wenig abstrus tragen sie viel dazu bei, die n.r.f.b. doch schätzen zu lernen. Gut finden muss man ein solches (Trash) Kunst Objekt trotz allem nicht zwangsläufig. Aber da sich doch der ein oder andere wirklich schicke Song auf der EP mit dem genialen Cover findet dürfen Punkfreunde mit Bereitschaft zum Anderssound auf jeden Fall mal vorbeischauen.