Es ist sicherlich nicht der Gipfel der Kreativität, eine CD-Rezension mit einem Zitat aus der beigefügten Presseinfo einzuleiten. Doch wo andernorts die Promotionabteilungen bemüht-schwadronierend weltverändernde Platten ankündigen und mit überbordenden Vorschusslorbeeren im Hörer quasi zwangsläufig niemals erfüllbare Erwartungshaltungen wecken, kommt das Mitteilungsblatt der für die Luckenwalder Band „Nothing To Fear“ verantwortlichen „MPM-Agentur Hamburg“ überraschend handzahm daher. „Solider Hörgenuss“ lautet das maue Versprechen, das die Zuversicht beim Einlegen der CD in den rotierbereiten Player auf ebenerdige Höhen zusammensacken lässt. Nun ja, das „gut gemischte Konzeptalbum“ (ebenfalls ein Originalzitat) beginnt ähnlich zurückhaltend, wie es das einzig- und eigenartige Infoschreiben andeutete. „Prepare a lie“ wirft den Hörer in die erste Hälfte der Neunziger Jahre zurück, direkt zu einem De/Vision-Konzert mit Originalsound, also ohne die heurige elektronische Kratzigkeit, bei gleichzeitiger Wahrung hoher Melodieverliebtheit. „Your hands on my skin“ meets „Blue Moon“ and his sister „Try to forget“. Ein eher minder origineller Opener, der aber nicht zuletzt dank seines stilsicher eingefangenen Retrotouches zum Aufhorchen einlädt. Mit „In the lines“ geht es anschließend eine Nummer härter weiter, die Uptempo-Nummer weckt Assoziationen mit der Band „Syntec“, die ebenfalls in den Neunziger Jahren einige regionale Cluberfolge feiern konnte. Und genau der bis dato bereits doppelt hergestellte Bezug zum letzten Jahrtausend ist Manko und Versprechen zugleich. In der glatt gebürsteten Clublandschaft der Neuzeit wird die Band mit ihrem ehrlichen Liedgut kein Bein auf die Erde bekommen – bewusste Wohnzimmerhörer mit einem Faible für schmissigen Synthie-EBM-Pop dürften dagegen heimelig lächelnd mit dem Kopf wackeln. Dabei kann man Nico, Matthias und Henning nicht unbedingt mangelnde Vielseitigkeit vorwerfen. Die ruhigen, melancholischen Stücke wie „Prevent“ und „The road we went“ zeichnen sich durch einen gefühlvollen Gesang und zurückhaltend gesetzte Pianoparts aus, bei „Naiv puppets“ geht es dagegen volles Brett auf die Zwölf und mit den lupenreinen Electropop-Hymnen „Oneness“ und „Forthcoming Danger“ hat man schließlich zwei Highlights im Gepäck, die sich im Fahrwasser eingangs erwähnter Heroen tummeln. Man mag dieses interessante, garantiert kontrovers rezipierte Album als „soliden Hörgenuss“ bewerten, doch „Prepared Lies“ bietet aus meiner Sicht viel mehr Facetten, die es sich zu erkunden lohnt. Aufgeschlossene Synthiefreaks, die sich mal für 50 Minuten um knapp 15 Jahre in die Vergangenheit zurückträumen möchten, sind herzlich eingeladen, mit „Nothing to fear“ auf Nostalgietour zu gehen.