In hunderten Geschichten und Sagen der Filmwelt und Literatur hat es sich immer wieder gezeigt, dass die Erweckung von Verstorbenen nie mit dem vollständigen wiederbeleben aller liebgewonnen Eigenarten des Verstorbenen einhergehen. Wie auch, wenn doch ein jeder für sich etwas Besonderes am Verstorbenen geliebt hatte und nun eben auf die Wiederauferstehung eben jener Besonderheit gehofft hatte. In diesem Moment erlebe ich nun eben jenen Zwiespalt, denn in meinem Player dreht sich das Wiedererweckungs-Werk der Band, die ich wie kaum eine andere Band in Sachen Black Metal vergöttert hatte. Nocte Obducta wollten mit der vorliegenden "Verderbnis (Der Schnitter kratzt an jeder Tür)" vieles. Es sollte der zweite Teil des dreckigen "Schwarzmetall" Ausbrechers sein, der vor 11 Jahren sogar die unnachgiebigen Old-School-nur-Stumpf-ist-Trumpf-Black-Metaller versöhnlich stimmte. "Verderbnis" sollte doch auch der eigentliche Abschluss sein, denn für viele waren die "Sequenzen einer Wanderung" eben doch kein wirklich befriedigendes Ende (Ging mir nicht so, aber ich wollt es mal erwähnt haben). "Verderbnis" sollte eine Botschaft der (Un)Toten sein. Ein Bastart, der, aus der Unterwelt entsprungen, noch einmal möglichst alle je beteiligten Musiker zusammenführen sollte um noch einmal wie früher zu trinken und musizieren. Schließlich ist "Verderbnis" aber nun doch das geworden, das ich als riesiger Fan befürchtet hatte: Das Comeback. Und ich verwende in diesem Moment das für mich negativ konotierte Wort Comeback, weil ich Nocte Obducta für gelungen in seiner Gesamtheit gesehen hatte. Fast 10 Jahre Musik, 8 großartige Alben – die Band hatte während den Jahren 1999 und 2008 eine unglaubliche Entwicklung erfahren und dabei in jeder Schaffensphase tolle Alben herausgebracht. Speziell die "Gangendämmerung" 2002 stellt für mich bis heute das non plus ultra in Sachen ultrahart-anspuchsvoll-ästhetisch und zum Heulen schön dar. Die Texte, die dichte Atmosphäre und Lieder für die Ewigkeit. Und wer sich von einer Band mit diesem zufriedenen und abgeschlossenen Eindruck verabschiedet hat, für den ist ein Werk wie die "Verderbnis" einfach falsch. Mit all dem Vorwissen zur Entstehung verwundert es nicht, dass das Album sich aus folgenden Bestandteilen zusammensetzt: räudige Aufnahmen die an die "Schwarzmetal" erinnern, den Monosound aber eben doch nicht aufgreifen (man hat sich ja entwickelt). Eine nicht ganz klare Linie sondern eher eine Zusammenstellung verschiedener Beiträge (dies steht im krassen Gegensatz zu den fest zu einem Ganzen verwobenen letzten Alben). Keine Beständikeit in Sachen musikalischer und gesanglicher Darbietung (Alle durften mal mitmachen, einzig Michael Breuers markantes Gitarrenspiel erkennt man in jedem Song klar). Die Texte zeigen nicht die erzählerische Tiefe der Nektar-Teile oder Galgendämmerung, sie sind typisch aber nichts Besonderes. Es fehlt die Dichte innerhalb der einzelnen Lieder. Bei fast allen Einzelstücken erkennt man Versatzstücke aus früheren Schaffensperioden: sei es raunendes Erzählen, räudige Rumpelattacken, mehrstimmige Kreisch- und Growlparts und tonnenschwere Düsternis. Doch irgendwie hört man die Songs eben, erkennt Nocte Obducta wieder... der Kick aber und das Staunen ob des mitreißenden Effektes bleiben gänzlich aus. Und dann ist da noch eine Frage, die sich mit wiederholtem "Genuss" stellt: warum klingt die instrumentale Darbietung deutlich schwächer als noch zuletzt? Auffällig vor allem beim Schlagzeugspiel macht es sich eigentlich in allen Bereichen bemerkbar – Nocte klangen mal viel professioneller (auch mit Mono-mies Aufnahmen zur "Schwarzmetal" Zeit). Ich hoffe wirklich, dass "Verderbnis" ansich nicht einen ernstgemeinten Versuch eines Comebacks darstellt sondern eben Aufnahmen, die nach und nach und vor allem nebenher entstanden waren und die man eben nun auf einem Album zusammengefasst hat um wieder gemeinsam auf Tour zu gehen. Ich bin auch gespannt, wie sich die Konzerte in Sachen Qualität behaupten werden, denn zumindest mein Anspruch ist hoch wenn ich da an alte Auftritte denke. Sollten Nocte Obducta aber wirklich vorhaben, wieder ernsthaft und als Band Musik zu machen, dann hoffe ich doch sehr, dass der Hörer auf dem nächsten Release (das anscheinend bereits in der Mache ist) Stringenz und Mühe bemerken kann. "Verderbnis" ist ein nettes Häppchen, kein wirkliches Album. Schade und gerade für mich als riesen Fan schwer enttäuschend. Dann lieber doch keine Wiederbelebung.