‚Ich atme Kunst, fresse Wahnsinn: Kunst und Wahnsinn’ sang vor vielen Jahren Alex Spalck von Pankow (natürlich den italienischen Pankow!) und rollte sich dabei schon mal bei Live-Konzerten mit nacktem Oberkörper durch Glasscheiben auf der Bühne bis das Blut tropfte. Kunst, ein bisschen Wahnsinn und blutige Promotion-Photos mit viel nackter Haut, das passt auch zu Noblesse Oblige, die mit der vorliegenden Single in Vorbereitung auf ein Album bereits ihr zweites Release auf Horseglue Records präsentieren. Was das französisch-deutsche Duo auszeichnet ist so einfach nicht zu sagen, so treffen doch die verschiedensten Elemente aufeinander und mischen sich zu nur schwer einzuordnenden provokant-kreativen akustischen Ausgeburten des Künstler-Duos. ‚Quel genre de garcon’ könnte man vielleicht als Electro-Gitarren-Chanson bezeichnen, wenn man überhaupt ein Label vergeben muss. Sebastian und Valerie fragen sich welches Mädchen, respektive welcher Junge sie wohl lieben könnten und schüren dabei ein wenig Erinnerungen an LIO aus den französischen Achtzigern. ‚Lil’ Dirty’ als AA-Side’ übernimmt dann richtig dirty und positioniert den Hörer in der Indie-Electro-Ecke mit verzerrt-verzückten-Gitarren, Casio-Bleeps und erdigem Schlagzeug. Text ist dabei anscheinend überflüssig und so gibt es nur ein paar hallverwöhnte ‚lalalas’ und ‚ooohs’. Hier kommen mir am ehesten Vergleiche mit der perfekt-brachialen Band ‚Whale’ (Gott hab sie selig, samt ihres Hobo Humpin Slobo Babes) in den Sinn. Schließlich hat man als Bonustrack den Remix von Mintys ‚Useless Man’ mit auf die Single gepackt, der die Vocals des verstorbenen Kostüm-Künstlers Leigh Bowery featured. Eine gezupfte Gitarren Hookline, fiepsende Akzente a la Grauzone und der sich überschlagende Sprechgesang fügen sich hier geschickt ineinander. Wer's musikalisch etwas elektronischer und textlich etwas provokanter mag, der sei an dieser Stelle auf die erste Single 'Bitch/Daddy (don't touch me there)' verwiesen, bei der das Thema des inzestuösen Missbrauchs auf eine sehr plakative und direkte Weise angeprangert wird, die den ein oder anderen Hörer zunächst ziemlich irritieren könnte. Sebastian sagt dazu, dass es die Intention von Noblesse Oblige war, das zugegebenermaßen heiße Thema ungeschminkt anzusprechen, ohne dabei große Metaphern zu verwenden, wie man es von vielen anderen Künstlern kennt. Noblesse Oblige – Adel verpflichtet! Eine gesunde Mischung macht’s! Spass für die Indie-, die Electro- und die Trash-Clubs dieser Welt. Musik, visuelle Umsetzung und angeblich wilde Performances bilden hier ein Gesamtprodukt, von dem man zumindest im Underground noch mehr hören wird. Remixe für X-Lover und Mark Moore sowie Auftritte vom Londoner Goethe-Institut bis hin zu ‚NagNagNag’ (wohl mit dem Schrägsten was London in der Clubscene zu bieten hat) unterstützen diese These. Performances gibt’s übrigens am 9.12. im ‚Rio’ in Berlin und am 22.10.im ‚Madame JoJo’s’ in London, das an dieser Stelle noch mal allen, die zum Weihnachtsshopping in die englische Metropole fliegen, wärmstens ans Herz gelegt sei! Der NME urteilt ‚Crap beyond estimation’ und lobt die fünfundzwanzigste 80er-Retro-Wave-Pop-Combo in den Himmel, well, who cares about the NME anymore? ;-)