Knapp mehr als ein Jahr nach der Herausgabe der letzten Collectors Editions folgt nun der nächste Schwung an neu aufgelegten Nick Cave-And-The-Bad-Seeds-Alben. Nach dem rockig-akustischen "Henry's Dream" folgt mit "Let Love In" eine ursprünglich 1994 veröffentlichte Platte, die musikalisch offenbar eingängig klingt, aber inhaltlich tiefschwarze und bitterböse Texte enthält. Dieser Wolf im Schafspelz wird schon mit dem Titel und mit dem Cover des Albums verkauft. Beide wecken einige Assoziationen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch Nick Caves Texte konterkariert werden. Aber das sind wir von diesem schnauzbärtigen, australischen Wanderprediger mit der tiefen Stimme mittlerweile gewöhnt. Anfang und Abschluss des Albums bilden zwei unterschiedliche Teile des Songs "Do You Love Me?". Die Frage ist keine Angelegenheit zwischenmenschlicher Beziehung, sondern eher eine des Täters an sein Oper. Daher besitzt der Song auch diese melancholische Klavier-und Orgelmusik, die durch tiefen Bass dramatisiert wird. Der zweite Part des Liedes am Ende des Albums ist wesentlich langsamer, das Klavier wird durch Streicher ersetzt und der Text noch abgründiger. Gut, dass Nick Cave auch Texte wie den zu "Nobody's Baby Now" geschrieben hat und nicht alle Lieder im Sumpf menschlicher Abgründe ihren Ursprung haben. Aber auch dieser Song ist kein Quell unbändiger Freude, sondern handelt von Verlust und Schmerz. An "Loverman" haben sich schon Metallica als auch Martin Gore von Depeche Mode versucht, doch seine volle Pracht aus ruhigen Strophen und explodierendem Refrain kann er nur mit den Bad Seeds entfalten. Einem Großteil derer, denen Nick Cave And The Bad Seeds bisher eventuell kein Begriff war (einfach undenkbar!, Anm. Red.), dürfte trotzdem der Song "Red Right Hand" bekannt sein. Er wurde jeweils im Soundtrack der ersten beiden Scream-Filme verwendet. Caves Spiel auf dem Oszillator und die ansonsten spärliche Instrumentierung erzeugen eine unvergleichliche Stimmung zwischen Drama, Melancholie und Wahnsinn. Klar, dass der folgende Titelsong "I Let Love In" wieder in eine ganz andere Richtung geht und Rock und Folk vereint. Auch klar, dass der Titel nicht das hält, was er verspricht. Inspiriert von einer gleichnamigen Kneipe für amerikanische Soldaten in Prag, in der Cave selbst das ein oder andere Bierchen trank, tendiert "Thirsty Dog" ein wenig zum Punk. Selbst bei der Ballade "Ain't Gonna Rain Anymore" und dem Gospel-beseelten "Lay Me Low" gibt es kein Happ End. Das ist wieder einmal typisch Nick Cave, ein Album mit Liebesliedern zu veröffentlichen, von denen kein einziges gut ausgeht. Schön, dass man sich das ganze nun auch im Dolby 5.1. Surround Mix auf DVD anhören kann. Neben den Bonustracks und den Videos zu "Do You Love Me?", "Loverman" und "Red Right Hand" ist vor allem der achte Teil der Dokumentationsreihe "Do You Love Me Like I Love You" sehenswert, in dem Freunde, Fans und Mitglieder der Band zu Wort kommen. Man erfährt zum Beispiel, warum Martin Gore "Loverman" gecovert hat oder warum das Fotoshooting für das Album eine Katastrophe war. Ja, ihr Bad Seeds, wir lieben Euch!