Manchmal heißt es nicht zu unrecht, dass gut Ding Weile haben will. Das trifft auch auf die musikalische Entwicklung der italienischen Formation Neon Synthesis zu. Deren (erst fünf, heute vier) noch recht junge Mitglieder hatten sich nach der Auflösung einer Band, in der drei Musiker der aktuellen Neon Synthesis-Besetzung gespielt hatten, im April 2004 zusammengefunden, um gemeinsam ein neues Projekt mit besonderem Anspruch zu starten. Nach einer 3-Track-Promo-CD sowie einem ersten, selbst produzierten Fulltime-Album ("Our empty rooms"), das begeisterte Kritiken einfuhr, machte sich das Quartett um Sänger Johnny Thyper auf Labelsuche. In Rom wurde man sich dann 2007 mit Killerpool Records einig und spielte bald darauf unter der führenden Hand von Producer Victor Love (Dope Stars Inc.) ein weiteres Album ein. Im kalten Februar dieses Jahres war der offizielle Erstling fertig, und "Alchemy of rebirth" schickt sich an, auf ganzer Ebene zu gefallen und das Dunkel noch geheimnisvoller und aufregender zu machen. Zehn Titel, konzipiert als zweiteilige Reise (I. Through fire – II. To Light) überraschen den Hörer mit einer beeindruckenden Intensität und Harmonie, über der Johnny Thypers tiefe, volle, düstere und pure Gänsehaut erzeugende Stimme steht, die der eines Pete Steele in nichts nachsteht. Neon Synthesis schöpfen ihre Inspiration und Ideen aus den verschiedensten musikalischen Einflüssen. "Alchemy of rebirth" ist eine energiegeladene und gleichzeitig melancholische Synthese aus treibendem Goth-Rock, druckvollen Metal-Gitarren und hartem, rockigem Drumming (leider gänzlich elektronisch erzeugt, da der Drummer vor einiger Zeit ausgestiegen ist) sowie melodischen, tanzbaren Synthiepop- und Electrosounds. Neon Synthesis beschreiben ihren Stil selbst als Industrial Rock, was die Vielschichtigkeit ihrer Songs aber nur teilweise richtig wiedergibt. "Alchemy of rebirth" hat mit gerade mal zehn Songs wirklich sehr viel zu bieten, und das auf durchgängig hohem Niveau (für das sicher zu einem guten Teil auch die professionelle Arbeit von Victor Love verantwortlich ist – aber eben nur zu einem Teil): Aggressive, metallische Titel mit toughen Growl-Vocals ("Artifical Paradise") wechseln sich ab mit harten Melodic-Rock-Nummern ("Solitude + Fear", "Nihil") und eher elektronisch geprägten Dancefloor-Titeln ("Visions from above") mit betörendem, cleanem Gesang. Neon Synthesis schiffen routiniert und professionell durch die vielen verschiedenen Spielarten der dunklen Musik, ohne mit einer inneren Zerrissenheit kämpfen zu müssen, da sich alle Titel nahtlos zu einem harmonischen Ganzen aneinanderfügen. Niemals verliert man sich in ziellosem Gebolze oder akribischen Frickeleien, sondern bleibt straight, eingängig und harmonisch. Mit welch feinsinnigem Gespür für sanfte Romantik und Melancholie – ohne pathetisch zu wirken! – die vier Italiener ebenfalls zu Werke gehen können, beweisen sie unter anderem mit dem langsamen, doomigen "Catharsis", das die schmerzliche Reise aus Chaos und Schatten hin ins Licht mit der kathartischen Reinigung beendet. Ein besonderes Augenmerk sollte man auch auf die schönen, sprachlich bilderreichen Texte im Tagebuchstil werfen, welche die alchemistische Reise noch authentischer machen. "Alchemy of rebirth" ist ein sehr gut produziertes, abwechslungsreiches und eigenständiges Album, das auf Anhieb zu gefallen weiß. Fans von melodischem Gothic-Metal im Stile von Type O Negative oder Moonspell und Electro-Rock à la Deathstars oder Dope Stars Inc. können hier bedenkenlos zugreifen. Hoffentlich darf man Neon Synthesis bald auch in Deutschland live auf einigen Bühnen begrüßen – und dann hoffentlich mit echtem Schlagzeug!