Nachtfalter - Was bleibt

Nachtfalter - Was bleibt

Wenn man nostalgisch arbeiten will, dann bitte ohne Wenn und Aber. Sind also die 90er, Gothic Metal und im Speziellen vielleicht so eine Mischung aus Girls under glass, Attrocity, Umbra, Paradies Lost und ganz viel Crematory anvisiert, dann darf man sich keine Blöße geben und muss alle Bereiche bedienen. Tobias Serfling und Tom Günzig haben sich 2017 zusammengetan um mit Nachtfalter genau dieses Vorhaben umzusetzen. Und 'Was bleibt'?

Das Debüt bietet jede Menge Nostalgie, nur nicht immer im Guten. Eigentlich mehrheitlich nicht. Etwas zu schmalbrüstig produzierte E-Gitarren schrammeln vor sich hin, der Drum-Computer tuckert solide produzierte Unauffälligkeiten ab und das Keyboard pendelt zwischen pathosgeschwängertem Kleister und forscher Elektronik. Instrumental würde ich vermuten, dass Serfling eine klassische Ausbildung am Piano erlebt hat, Grünzigs Gitarrenspiel wirkt dagegen eher autodidaktisch erlernt. Nichts Erschreckendes oder Beeindruckendes also an dieser Stelle zu vermelden, manche Melodien sind durchaus nett (unter anderem "Maschinenklang" oder "Vollkommenheit").

Doch dann, ja dann muss man zu den Vocals kommen und wie eingangs erwähnt darf man bei aller Nostalgie auch hier nichts beschönigen: viele Bands, auch einige der größeren Namen, boten zu tief angesetzten und monotonen Gesang, Abzählreim-Aufbau-und-Betonung und bedeutungsschwangere Dramatik, die entweder vom Hörer sicherheitshalber ohne Hinterfragen übergangen wurde oder als peinlicher Trash gefeiert wurde (Hallo "Tears of time" oder "Tanz der Schatten"). Und auch in dieser Disziplin gaben sich Nachtfalter alle Mühe und Serflings Gesang und Texte wirken wie 25 Jahre alte Relikte, die ich zu keinem Zeitpunkt vermisste. Ich gebe zu, wenn ich nicht direkt hinhöre, dann finde ich Gefallen an Songs wie "Folge mir", die wie aus einer anderen Zeit wirken. Wenn ich dann aber höre, was für ein inhaltlich wenig gehaltvoller Humbug da gesungen wird und erkenne, dass Serfling quasi 9 Songs lang im gleichen Rhythmusschema  singt, dann erinnere ich mich auch wieder daran, dass es gute Gründe für das Ende der Hochphase dieses Genres gab. Versucht doch einmal, den Text von "Nur noch einmal..." zu verfolgen, ohne zu schmunzeln. Ne echte Challenge. Und wenn dann auch noch der Eurotrash-BumBum-Remix von "Maschinenklang" den Reigen unfassbar schlecht beendet, dann kann man eigentlich nur fragen, warum die beiden dachten, es sei eine gute Idee, Autoscooter-Techno an das Ende ihres Debüts zu setzen.

'Was bleibt' also? Kein wirklich gutes Album, das immerhin niemanden wehtut, erfreulicherweise ohne deutschtümmelnde Neue Deutsche Härte auskommt aber sicherlich auch nur wenige Blumentöpfe gewinnen wird. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die Gruppe der Gothic Metaller mit Interesse an pseudointellektueller Grütze riesig ist und denen reichen oft schon die alten "Glanz"taten.

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