Hat man es erst einmal geschafft, eine mehr oder minder große Fangemeinde versammelt zu haben und seinen Fuß ein wenig in der Tür eines Labels zu wissen, so ist es um einiges leichter, Neues in einem Seitenprojektauch auf professionellem Niveau zu verwirklichen. Das Duo Wisborg hat mit seinem Debut ‘The tragedy of seconds gone’ einen gewissen Ruf erzielt, die prophezeite Auferstehung des Goth Rocks sehe ich zwar noch nicht kommen, jedoch ist es fein, wenn ein Projekt sich auch mal wieder an diese Spielart wagt und Beachtung findet. Dieser Tage steht das zweite Album in den Startlöchern, doch mir flatterte mit Verspätung ‘In the absence of light’ ins Haus und damit der Soloausflug von Wisborg-Mastermind Konstantin Michaely. Auf gehts.

Akustikgitarre, Piano und Glockenspiel – auf dieses analoge Repertoire greift Michaely unter dem Namen Morgue Poetry zurück. Und bevor der Leser weiterklickt, weil er sich denkt ‘Och nö, nicht noch so ein Album aus der MassenFolkHaltung – die klingen doch alle gleich.’: Ja, 'In the absence of kight' klingt zu keinem Zeitpunkt innovativ, ist musikalisch aber deutlich einer der besseren Vertreter des Dark Folks der letzten Jahre und durchaus die ein oder andere Runde im Player wert! Ich höre angenehme Melodien, man gab sich viel Mühe im Songwriting um nicht nur Monotonie walten zu lassen und der ein oder andere Refrain ist ergreifend. Bei 14 Titel mit der immergleichen, minimalen Instrumentierung und einem wenig abwechslungsreichen (wenn auch um Authentizität bemühte) Gesang stellt sich die für das Genre leider so typische Ermüdungserscheinung bei einem kompletten Durchlauf ein - hier hätte ich mir weniger Songs und vielleicht das ein oder andere stimmungsstiftende Ambientstück gewünscht oder einen emotionalen Motivwechsel bei einzelnen Songs und nicht dauerhafte Schwermut zu zelebrieren. Aber alles in allem gefällt mir Morgue Poetry musikalisch wirklich gut. Der Opener "Lucifer" sollte sofort überzeugen, sonst ist man hier falsch. "Drunk & wrecked" ist schön schnoddrig und könnte etwas rauheren Gesang gebrauchen, "To love is to lose" schmachtet herrlich dahin, "Enlightment" treibt schön voran und so weiter. Und nun kommt das Aber.

Die größten Knackpunkte des Albums (neben der auf der Hand liegenden fehlenden Innovation und der auf Dauer eben doch etwas spannungsarmen Wirkung) sind jedoch die visuelle Aufbereitung, die wirklich nur schwer zu verdauen ist und die Texte. Erstere ist der Traum eines (oder eher einer) jeden Pupertierenden auf der Suche nach dem geeigneten Randgruppeschwarm im düsteren Bereich, schwarzweiß gehaltende Fotografien mit weißen Rosen, Waldimpressionen und Michaely, sexy schwermütig, meist Oberkörperfrei und optisch irgendwo zwischen schmachtendem Ville Valo und desillusioniertem Pete Steele. Alles edel aufgenommen, aber ehrlich: Urgs. Zweitere, also die Texte, lassen sich auch nur schwer aushalten, denn was man da hört und im Booklet liest ist so dermaßen klischeebehaftete Düsterpoesie, unfassbar. Kurz zusammengefasst: Luzifer irgendwie gut, weil auch in der Dunkelheit heimisch, God keine Hilfe, tot und sowieso nichts für das Lyrische Ich. Auch hier sehe ich die Zielgruppe eher im Altersbereich 14 bis 18. Schwer erträglich.

Zusammengefasst haben wir es hier mit einem Dark Folk Album zu tun, das auf musikalischer Ebene überraschend deutlich punkten kann, jedoch auf keinem Fall optisch oder lyrisch hinterfragt werden sollte. Als Klischeekonglumerat aber ist das Booklet für den ein oder anderen Lacher gut – ein Kaufgrund sollte das aber nicht sein. Wisborg Fans werden musikalisch nicht zwangsläufig glücklich, Freunde düsterer Folkklänge könnten sich schon eher heimisch fühlen und sollten Morgue Peoetry durchaus ein Ohr leihen (sollten dabei aber nicht zuviel über das Gehörte nachdenken).