Eins vorweg, um Irrtümer auszuschließen: Das Projekt Morgenstern hat nichts mit der gleichnamigen Mittelalter-Rock-Combo zu tun. 1993 als Soloprojekt von Andrea Börner gegründet, avancierte es schnell zum Geheimtipp und das nicht nur dadurch, dass hier in dem sonst von Männern dominierten Genre mal eine Frau die Regler drehte. Doch Andrea Börner machte nicht nur mit Morgenstern von sich Reden. Neben Templegarden's (Rezension von "Done Rooms") wirkte sie auch bei Ars Moriendi (Rezension von "In Memoriam") mit. Nach diversen Kollaborationen mit Asche, der sie auch im Studio und auf der Bühne unterstützt, ist Morgenstern mit seinem neuen Release nun endgültig zum Duo gewachsen. Der Titel des neuen Werkes, "Two Different Faces", bezieht sich aber nicht auf diesen Umstand, sondern sein Ursprung liegt in der musikalischen Ausrichtung Morgensterns. Gleich nachdem man in das neue Album hingehört hat, weiß man, was mit dem Titel gemeint ist. Eine äußerst düstere Atmosphäre, die durch ambientartige Töne und unheilvolle Gesänge gespeist wird sowie teils rituelle, teils heftige Beats erschaffen extrem mitreißende Songs. So treffen bei "Faces Of Phobia" stark verzerrte, oszillierende Töne auf einen Paukenschlag, wie man ihn sich auf einem Sklavenschiff vorstellt. Dazu gesellt sich ein fast beunruhigender Hintergrundgesang und diese Verbindung jagt einem einen herrlichen Schauer über den Rücken. Ganz im Gegensatz dazu hämmert sich "New Day" geradezu durch die Boxen und hinterlässt ein Trümmerfeld. Wie schon beschrieben, lebt das Album von dem Zwiespalt zwischen langsamen, düsteren Tönen und ungestümen Ausbrüchen und so bleibt "Looking Down A Hill" sehr verhalten in der dunklen Ecke und verschafft sich dadurch geheimnisvolle Aufmerksamkeit. Die Bezeichnung dieser hier musikalisch dargestellten Divergenz lautet: hypernoider Zustand, wobei hypernoid einen Zustand aus Hypnose und Hysterie charakterisiert. Genau diesen Kontrast setzt "Two Different Faces" so gekonnt in Szene, dass man selbst immer wieder hin- und her gerissen ist. Zwei Anspieltipps seien an dieser Stelle noch gegeben: das wunderschön beklemmende "Memories" und der gewohnt dröhnende Sonar-Remix von "Viewer". "Two Different Faces" ist ein durchweg begeisterndes Album ohne jegliche Schwachstelle und, für den Industrial/Noise-Bereich nicht gerade üblich, mit sehr vielen Emotionen.