Wer seinerzeit Trends gesetzt hat, dann in der Versenkung verschwand und nach Jahren plötzlich wieder in das Licht der Öffentlichkeit tritt, hat ein riesiges Problem: Die Erwartungshaltung. Miss Kittin & The Hacker haben sich von 1996 an als Frontschweine des Electroclash ganz nach oben gespielt, haben ihr Heimatland Frankreich und viele andere Länder weltweit mit diesem Virus infiziert. Seinen Höhepunkt fand dieser steile Aufstieg im "First Album" und der anschließenden Tour. Doch kurz darauf verschwanden Miss Kittin & The Hacker von der Bildfläche, zumindest als Duo. Solo arbeiteten beide überaus erfolgreich weiter. Nach vier Jahren Pause treffen sich Caroline Hervé und Michel Amato wieder zum gemeinsamen Musizieren und da ist es nun, das nächste Album "Two". Nun zu glauben, Miss Kittin & The Hacker würden mit "Two" wieder einen neuen Trend setzen, wäre sicherlich zu hoch gegriffen, aber ein paar Smasher darf man schon erwarten. Schließlich arbeiten beide erfolgreich als DJ und wissen deshalb, wie gute Clubmusik funktioniert. Das Besondere an diesem Duo ist deshalb nicht die bereits bekannte Zusammenführung von Electro, Techno und Electropop, sondern der Aufbau eines Songs aus DJ-Sicht plus Pop-Strukturen. Die Songs brauchen deshalb meistens eine Weile, bis sie volle Fahrt aufgenommen haben. Miss Kittin trällert fröhlich dazu in ihrer typisch lasziv-gelangweilten Tonart. Diesen DJ-tauglichen Electropop gibt es in der soft-beschwingten Variante wie bei "Emotional Interlude" oder auch als hämmernden Electro ("Indulgence"). Auch wieder dabei sind ganz klare 80er-Anleihen, die auf Hochglanz poliert und in die Gegenwart transportiert wurden. Das gesamte Album gibt sich in dieser Beziehung keine Blösse. Alles klingt lupenrein klar und 100%ig. Wäre eigentlich auch ein Wunder, wenn dem nicht so wäre, da man es von den beiden nicht anders gewohnt ist. Das gilt auch für die etwas nüchternen Vertreter der Songs, die mit industriellen Geräuschen eine Art Electro-Robodance zelebrieren ("PPPO"). Ein typischer Vertreter des DJ-Popsongs ist "Party In My Head". Zum groovenden Rhythmus kommen erst nach und nach Beats, Melodie und Gesang dazu, alles bereits fertig gepimpt für den Clubeinsatz. Beim "Suspicious Minds"-Cover stellen sich einem die Nackenhaare auf. Einen solchen Klassiker derart als Techo-Pop zu präsentieren, ist sehr gewagt. Dabei ist noch nicht mal ganz klar, ob die Nummer ernst oder als Spaß gemeint ist. So oder so wird Elvis sich im Grabe umdrehen. Davon abgesehen ist "Two" ein tolles, clubtaugliches Album mit fettem Sound. Nicht so grandios wie seinerzeit das "First Album", aber Miss Kittin & The Hacker haben es immer noch drauf.