Zur Jahrtausendwende wäre das finnische Projekt Miseria Ultima bei den Verfechtern tanzflächenorientierter Körpermusik elektronischer Bauart sicherlich eine große Nummer gewesen. Denn die dunklen und gleichzeitig tranceartigen Klänge, kombiniert mit einem zischelnd-verzerrten Gesang, waren passgenau das, was man als Hellectro oder auch Aggrotech bezeichnete. Weiland prägten Bands wie Suicide Commando oder Hocico mit extrem basslastigen, aggressiv-tanzbaren Sounds das Genre, welches einen stilistischen Gegenpart zum sehr anschmiegsamen Future-Pop bildeten. Dem abschätzig als Weiber-Electro bezeichneten Sound wurde auf diese Weise die in Zornesfalten gelegte Stirn geboten.

Allerdings, und das wurde auch schnell deutlich, lief die Böse-Electro-Masche alsbald ins Leere. Immer mehr Gruppen sprangen auf den Zug auf und dünnten mit halbgaren Produktionen, die hastig am Computer zusammengeklöppelt wurden, das Genre schnell aus. Am Ende waren die Projekte kaum noch voneinander zu unterscheiden, da sie sich sowohl thematisch als auch im Sounddesign nicht wirklich hervorheben konnten.

Natürlich gab und gibt es immer noch Bands, die versuchen, apokalyptisch eingefärbte Elektronik soweit zu modulieren, dass sie ein veritables Eigenleben führen können. Das finnische Duo Miseria Ultima trachtet jedoch nicht nach solchen Zielen, sondern setzt auf einen rein anachronistischen Sound, der nichts anderes will, als die alten Zeiten hochleben zu lassen. Das ist durchaus legitim, wird bei ihrem aktuellen Album "In Colors Of Void" allerdings auch schnell ermüdend.

Sänger Aleksi Martikainen hat sich scheinbar das Distortion-Tool von Hocico ausgeliehen und verzerrt sein Organ bis zum Anschlag, während Timmo Huhtala aus seinen Maschinen dröhnende Beats und fahrige Sequenzen rausschält. Besonders bei "Yet Shivering Profound" und "The Underground Cult Of Decadence" wird schnurstracks so ziemlich jedes Klang-Klischee aus dem Hut gezaubert. Die geneigte Hörerschaft wird sich ob der Fülle an nostalgischen Querverweisen freuen, so richtig zünden tun solche konservativen Nummern aber nicht.

Auf der anderen Seite zeigen Miseria Ultima, das sie durchaus den eleganten Stilbruch beherrschen. So ertönen bei "Witch Heart Apparition" ein sehr klarer, aufgeräumter Sound, der - man kann es durchaus sagen - herrlich synthpoppig daherkommt. Hier macht die verfremdete Stimme tatsächlich Sinn, da sie einen interessanten Gegenpart zur eingängigen, entspannten Komposition bildet und aus dieser unkonventionellen Zusammenstellung sich eine ganz eigenwillige, spannende Dynamik entwickelt. Solche Momente einer krassen stilistischen Gegenüberstellung hätte es ruhig mehr auf dem Album geben dürfen.

Doch bleibt es nur bei diesem einen experimentellen Ausflug. Der Rest ergeht sich in zwar ordentlich produzierten, aber doch recht vorhersehbaren Hellectro-Manierismen, die sich zu sehr an gängige Muster haften, deren Verfallsdatum schon länger überschritten wurde.