Manchmal brauche ich etwas Zeit, eventuell auch Abstand, um mir ein Urteil zu bestimmten Alben zu bilden. Mirlands ‚Compromise is defeat‘ gehörte da sicherlich dazu, denn seit einem halben Jahr wartet es auf die Besprechung und nach jedem Durchlauf brauchte ich Zeit, um mich mit der Materie befassen zu wollen. Das liegt (wahrscheinlich) weniger an den Qualitäten des Albums, als mehr daran, dass ich inzwischen kaum etwas mit rein technoider Beschallung ohne Gesang oder Schnick Schnack anfangen kann. Aber schlecht ist das gehörte sicherlich nicht. Vor einem Jahrzehnt hätte ich es wahrscheinlich sogar richtig geil gefunden. Auf der Haben-Seite ist dem Dänen, der eng mit Claus Larsen von Leætherstip zusammenarbeitet (‚Compromise is defeat‘ wurde auch von Larsen abgemischt und über das eigene Læbel veröffentlicht) ein 51minütiger Trip aufs Tanzparkett gelungen, bei dem nahezu jeder Beat die Hufe in Bewegung bringt. Hier ist kaum Raum für Melodien (und wenn, dann werden sie zum Teil erst sehr spät im Lied eingefügt, wie bei „Beg for it“, das erst nach zwei Minuten mehr als Beats präsentiert), hier geht es um die reine Kraft wummernd pulsierender Bässe. Und das kann schon sehr gefallen: Für den Einstieg „Another form“ wünsche ich mir eine Tanzfläche, auf der ich die Energie, die die Beats freisetzen, rausstampfen kann. Beim eben erwähnten „Beg for it“ sind es Sounds, die mich ein wenig an Jean Michel Jarres Reisen durch elektronische Landschaften erinnern. Und „Torn“ schließlich ist so schön stumpf, dass Samples und Melodien einfach niedergewalzt werden. Ja, das sind meine drei Highlights nach einem halben Jahr Kontakt mit dem Album. Der Rest schwankt in meinen Ohren zwischen nervig („Fuel“ bietet fast sechs Minuten ein und den selben lahmen Beat) und unbeeindruckend. Nehmen wir „Defiant“ oder „Headless“, die zwar Potenzial haben, aber bei denen dem Hörer nach spätestens zwei Minuten klar wird, dass da nur Drogen helfen, weil einfach nicht wirklich etwas passiert. „Rust“ hingegen versucht es etwas melodiöser, aber so richtig zünden will der Track (bei mir) nicht, denn die Melodie ist so 08/15, dass Mirland sie auch hätte weglassen können. Wirklich schade ist es mit „Generator“, dass erst drei Minuten schnarchige Atmosphäre aufbaut, bevor die letzten zwei Minuten spannend und kreativ wummern und kratzen – an dieser Stelle hätte ich mir die letzten zwei Minuten als Einzeltrack wirklich gewünscht. Ach ja, ‚Compromise is defeat‘ geht als Album für das, was es sein will, schwer in Ordnung. Wer ab und an bei technoideren Schwarzparties auflegt, der hat leckeres Futter bekommen. Sammler greifen nur zu, wenn sie entweder Mirland Veröffentlichungen sammeln, Larsens Label unterstützen wollen oder noch nicht so viel aus diesem Bereich im Schrank stehen haben. Von dem her 4 von 5 Punkten, wenn das Genre isoliert von der Außenwelt gehandelt werden könnte. So aber 3 von 5 Punkten mit Tendenz nach oben. Mirland – Compromise is defeat Læbel / 01.12.2021 https://mirland.bandcamp.com/album/compromise-is-defeat 01. Another form 02. Beg for it 03. Fuel 04. Defiant 05. Rust 06. Headless 07. Generator 08. So cold 09. Torn 10. Wolf among sheep