Wenn ein Mann seine innersten Gefühle auskramen und künstlerisch umsetzen will, dann ist das ein mutiger Schritt der Selbstoffenbarung. Dieser Mann heißt heute César Cruz und er hat es gewagt. Er sprengte die Ketten seines einstigen Projektes Internia, das seit mehr als 10 Jahren sein Schaffen bestimmte um mit Mekanik Disorder (laut Info) zur "reinsten und kältesten Essenz der Electronic Body Music" und gleichzeitig zu sich selbst zu finden. Der Mann hatte eine Vision, denn er wollte endlich das machen, was vor ihm keiner gewagt hatte: er wollte klingen wie Front 242, Nitzer Ebb, Neon Judgement und ein wenig DAF. Außerdem griff er die Idee von Calva Y Nada auf und sang nicht nur in der Muttersprache und Englisch (das ja jeder (fast) kann) sondern auch in Sprachen, die viele nicht flüssig beherrschen. Er auch. Er ging aber einen Schritt weiter als Brenal damals: anders als bei Calva, deren Lieder durch nur ausreichendes Spanisch aber mitreißenden Elektro bestimmt war will César die Menschen fordern und singt in mangelhaften deutsch und holländisch zu eher kargen und langatmigen EBM-Rythmen. Diese Vorgehensweise und die bedeutungsschwangere Schwere der Texte verhindert, dass Mekanik Disorder unfreiwillig komisch oder selbstironisch wirken könnten – Césars Innerstes ist bierernst und letztendlich in 12 EBM Tracks untergebracht, die zeigen, dass die Zeiten der oben genannten Helden eine schöne Zeit war. Denn damals konnte man mit so wenig so viel erreichen. Das musste aber auch passen und damals scheiterten viele bereits daran. Heute ist es noch schwerer geworden, denn der Markt wurde in den letzten Jahrzehnten so überschwemmt, dass eine simple Reproduktion wie bloße Massenware wirkt. Dies hält uns César vor Auen wenn er genau dieses veröffentlicht: eine bloße Reproduktion ganz alter Sounds. Welch fantastischer und künsterlisch gewagter Kniff. Mekanik Disorder's Erstwerk sollte man sich merken... um es nicht aus Versehen zu bestellen. Denn César hat ein Werk geschaffen, dass einfach nur ok ist. Scheinbar ist es letzendlich egal, welchen Grund man für sein musikalisches Schaffen angibt. Sei es nun eben eine Abarbeitung eigener Gedanken, der Wunsch, Leute zum Tanzen und Trinken zu animieren oder einfach zuviel Zeit. EBM bleibt EBM und muss wenigstens ein wenig besonders in irgendeine Richtung sein. Diese CD ist es nicht.