Auch beim inzwischen dritten Album (die EP Die Rein sei durch ihre umfangreiche Tracklist mit dazu gezählt) des männlichen Duos Massiv in Mensch - "Menschdefekt" - werden sich wieder einmal die dunklen Geister scheiden. Die Old School-Vertreter werden sich fragen, was das noch mit EBM-, Gothic- oder ähnlicher Mucke dieser Richtung zu tun hat. Die über-den-Tellerand-Gucker werden sich hingegen freuen, dass sich wieder einmal eine andere Stilrichtung arg in den Vordergrund gedrängt hat. Im speziellen Fall sind es vornehmlich Techno-, Hardtrance und ähnliche Club/Rave-Sounds aus der Mitte der 90er Jahre. Aufgrund diverser eingestreuter "dunklerer", elektronischer Sounds und textlichen Anspielungen, wie z. B. "A Gothic On XTC" (inkl. 100%-igem Rave-Sound) ist der definierte Stil auch auf diesem Album wieder der "Dark Rave", welcher übrigens auch gleich der Name für Titel Nr. 2 ist. Allzu "dark" klingt dieser jedoch nicht und gehört eher zu den belangloseren Songs, auch wenn er durch den Beat schön reinhaut. Nr. 7 - "Schach Matt" ist von ähnlichem Kaliber, wirkt aber etwas lockerer und hätte Mitte der 90er in jeden hellen Club gepasst. Grundlegend ist "Menschdefekt" trotzdem auch in der jetzigen Zeit noch gut für den Club geeignet, vor allem zur Auflockerung für die (echten) düsteren EBM- und Industrial-Runden. Außerdem fetzt der Sound gleichermaßen im Autoradio, wenn der Bass schön aufgedreht wird. Für den Heimgebrauch wird die CD vermutlich mehr ihren Beitrag für Eigen-Compilations mit ein oder zwei Songs leisten, da ein komplettes Durchhören wohl nur den eingefleischten MiM-Fans zuteil werden wird, da bis auf das Intro alle Songs von mehr oder weniger schnellen 4-on-the-floor-Beats dominiert werden. Wie schon erwähnt wird die CD die Gemüter spalten. Wenn man aber eine gewisse Spaß-Prämisse voraussetzt, also alles nicht ganz so ernst nimmt, dann haben einige Titel doch ihren Reiz. "Mein letztes Bonbon" zählt zwar nur vom Namen her dazu, das schnelle "Vokuhila" zeigt aber eine gelungene Kombination einiger positiver Massiv-in-Mensch-Zutaten. Einerseits im Ohr hängen bleibende Melodien, andererseits die typisch hohe Gesangsstimme von Sarah Folkens und der allgemein anzutreffende deutsche Text (bis auf Cover-Titel Nr. 14). Ähnlich nett anzuhören, wenn auch in langsamerer Geschwindigkeit sind die Nachfolger "Le-Rav" und "Radius 17 M". Die gelungene "Codo"-Coverversion ist für jede (private) Party auf jeden Fall durch ihren Rave-Charakter ein Muss. Ebenso "You're the Greatest Lover", mit einer beängstigend verzerrten Stimme, die gut zu einem bösen Zauberer passen könnte. Das Akustik-Gitarren-Geklimper mag zwar ohrenscheinlich gar nicht zum restlichen Arrangement passen, wirkt aber dennoch überhaupt fehl am Platz. Das Fazit lautet, dass für einen besseren Hörgenuss von "Menschdefekt" ab und an vergessen werden sollte, dass die Songs im dunkleren Bereich der elektronischen Musikecke angeboten werden. Denn dann erregt der Silberling auf jeden Fall mehr Interesse, gerade für Zeiten, wenn Partys die eine oder andere Stimmungsaufhellung gebrauchen können. Sieht man von einigen fast objektiven Belanglosigkeiten ab, so bietet doch die größere Hälfte der Songs die eine oder andere Besonderheit, die hilft das Album nicht im CD-Regal verstauben zu lassen. Je nach Wunsch bieten die fast rein instrumentalen oder auch textlich aufbereiteten Lieder für die unterschiedlichsten Party-Anlässe zumindest tanzbares Füllmaterial. Für fortschrittliche NDW-Feiern ist das Album vielleicht sogar ein kleiner Geheimtipp. Am besten, man hört den Longplayer in eher ausgelassener Stimmung (Prost!), dann sind eventuell noch mehr Sterne drin.