Nach seiner bezaubernden Veröffentlichung "I'm Not Anyone", auf dem er einmal mehr sein sicheres Gespür für großartige Coverversionen unter Beweis stellte, hat Marc Almond nun sein zehn Jahre altes Album "The Dancing Marquis" erneut herausgebracht. Und wie es sich für eine gute Neuauflage gehört, ist diese auch mit einer Menge Bonusmaterial versehen, die auf einer zweiten CD zu hören ist. So weit, so schön. Aber warum gerade "The Dancing Marquis"?
Der runde Geburtstag von Almonds 18. Album ist zwar ein Aufhänger, aber rein vom Fame-Faktor, den wir jetzt einfach mal anhand der Chartsplatzierung festmachen, war dieses Werk ein Rohrkrepierer. Weder in Marcs heimatlichen Gefilden, noch in anderen absatzstarken Ländern konnte das Album reüssieren. Da warf das ein Jahr später erscheinende "The Velvet Trail" schon mehr in die Waagschale - immerhin Platz 62 in den englischen Charts.
Doch kann man die Genialität eines Marc Almonds nicht an den Verkaufszahlen messen. Schließlich ist es nicht des Sängers Bestreben, für die Masse kompatible Popnummern zu kreieren, sondern der Musik als großartige künstlerische Ausdrucksmöglichkeit in vollem Umfang zu huldigen. Genau das hat er mit "The Dancing Marquis" gemacht (und wurde dafür von der Presse regelrecht gefeiert), weswegen eine Wiederveröffentlichung absolut Sinn macht.
Selten klang der sympathische Engländer so befreit wie auf "The Dancing Marquis"; jeder Song grast eine bestimmte Sparte aus dem großen Pop-Sortiment ab und wird durch Almonds Hang zum Pathos bis an die Kitschgrenze überhöht. Und zwar ohne Ausnahme: Jeder Song dieser Scheibe besitzt einen unnachahmlichen Wiedererkennungswert. Dabei ist es völlig egal, ob bei "Worship Me Now" (Gastmusiker: Jarvis Cocker von Pulp) das elektronische Silber ausgepackt oder eine schummrige Ballade im Stile eines Nick Cave bei "Love Is Not On Trial" rausgehauen wird. Selbst der knackige Rhythmus zu Beginn von "Idiot Dancing", der fatal an A-ha's "Take On Me" erinnert, ehe die fesch angeschlagene Akustikgitarre einen anderen Weg einschlägt, besitzt diesen einen Moment, der das Stück besonders macht. Marc Almond sucht nach der Perfektion in der Popmusik, bleibt aber dabei so wandelbar wie ein Chamäleon.
Und die Bonus-CD? Kann sich im Großen und Ganzen sehen respektive hören lassen: Neben dem Starcluster Remix von "Worship Me Now", der bereits in der ursprünglichen Edition zu hören war (und auf den man auch gut hätte verzichten können), finden sich zwei so genannte Stripped Versionen von "Burn Bright" und "Death Of A Dandy", bei denen Marcs markante Stimme, die auch nach Jahrzehnten nichts von seiner Glockenhelligkeit verloren hat, noch mehr zur Geltung kommt. RSF (Right Said Fred?) haben übrigens in Sachen tanzbarer Neuabmischung alles richtig gemacht. "Burn Bright" und "Worship Me Now" sind astreine 80er Synthie-Klopper allererster Güte und die Höhepunkte des Zusatzmaterials.
Fast wie zum Beweis seines Könnens sind noch Live-Versionen von "Burn Bright" und dem Titelsong hinterlegt. Sie dokumentieren, dass Marc auch auf der Bühne eine stimmliche Naturgewalt ist, wenngleich die Abmischung aus dem Shepherds Bush Empire optimaler hätte sein können. Die übrigen Demoversionen und Rough Mixe unter anderem von "Tasmanian Tiger" und "Idiot Dancing" bieten nur die Erkenntnis, dass bereits in der Frühphase der Songs die große Geste erkennbar ist. Diese Abmischungen sind aber eher für den beinharten Fan gedacht - wie überhaupt die Expanded Edition ein Dankeschön des Künstlers an seine treueste Anhängerschaft ist. Aber sind das Wiederveröffentlichungen eigentlich nicht immer?