Asche auf mein Haupt. 2007 brachte eine der dienstältesten Blackmetalkapellen Deutschlands mit "Andacht" ihr vorläufig letztes Album heraus. Dieses achte Album war, wie bereits der Vorgänger "Mond" nicht so ganz mein Fall. Rauer, räudiger und irgendwie "normaler" – das war nicht mehr die Band, die mit den ersten 4 Alben ("Weltengänger", "Seelenfeuer", "Of stargates..." und "Ars Moriendi") und dem Überflieder "Elixir of sorrow" dazu beitrug, dass ich jedem in meiner Umgebung mit wunderbarer bayrischer Musik auf die Nerven ging. Deswegen ließ ich die Rückkehr im März diesen Jahres auch ungehört. Unerhört! Ein Frevel! Mea culpa – ich hole nach, was in jedem Fall notwendig ist! Der "Hoagascht" (Heimgarten) wird auf diesem Album vertont, doch dieser Garten ist (wie nicht anders bei Lunar Aurora zu erwarten) keine standartisierte Schrebergartenidylle, bei der jeder Stein und jedes Blümchen perfekt plaziert wurde. Was Mastermind Aran zusammen mit seinem neuen Mitstreiter Whyrhd (früher bei Nocternity) hier eingetrümmert haben ist beängstigend, mystisch und wundervoll. Aber man muss sich ganz einlassen. Auch Lunar Aurora Fans der ersten Stunde werden anfangs etwas verdutzt sein. Zwar ist der Sound wesentlich näher an alten Tagen als noch auf den letzten beiden Alben und auch der Klang des knarzigen Gesanges ist der Alte, aber alle Texte werden im oberbayrischen Dialekt wiedergegeben. Das klingt skuriler und lustiger als es ist: Aran erzählt bierernst vom Garten und der Natur, der Dialekt macht die Erzählung authentisch und düsterer. Genauso auch die Verwendung des Keyboardsounds – seit jeher ein Punkt, bei dem sich Lunar Aurora von den meisten Bands des Genres unterschieden: die elektronischen Klänge sind keine geheuchelte klassische Begleitung, Pomp oder Kitsch sondern finstere und ungewöhnliche Stimmungselemente. Damit unterscheiden stark vom Lunar Aurora Keyboardsound der ersten Tage (als er noch verstörend und krank war), das neue Klanggewand steht dem Duo aber fantastisch zu Gesicht. Das eigentliche Soundkorsett erinnert stark an die ersten drei Alben mit angezogener Handbremse: eine Soundwand der E-Gitarren, unaufhaltsam, umbarmherzig. Die Drums aus der PC-Dose klingen überraschend gut und lebendig. Nicht ein einziger Ausfall findet sich in diesem Garten: Die "Nachteule" und "Håbergoaß" sind zwar meine Highlights des Albums, aber es wäre ein Frevel, sie aus dem Ganzen herauszureißen. Das Album will im Ganzen erfahren werden, je mehr Zeit man mitbringt, umso intensiver ist die Wirkung. In meinem Fall führte das sogar dazu, dass "Hoagascht" auf Anhieb zu meinem Lieblingsalbum von Lunar Aurora geworden ist. Hinzu kommt das wundervolle und passende Artwork. Deswegen von mir die Bestnote - auch wenn es sicherlich zweifler gibt, die "zu langatmig" oder ähnliches rufen werden. Ich habe mich auf Anhieb in "Hoagascht" verliebt. Das Album ist mehr Ambient als Metal (auch wenn die Gitarren kreisen), ständige Wiederholungen und leichte Stimmungsteigerungen, seltene aber perfekt plazierte Melodiewechsel, trister Gesang und eine unglaublich dichte Atmosphäre – wer seine ganze Aufmerksamkeit schenkt wird sich in diesem Garten verirren. So kalt war mir noch nie bei 32° Grad und Sonnenschein und so froh bin ich, dass ich meine Helden endlich so wieder habe wie ich sie mag und eigentlich sogar noch ein Stück besser!