Kim Ljung, sonst am Bass bei Zeromancer und deren Vorgängerformation Seigman zu finden, hat sich die Zeit genommen ein sehr persönliches Werk für seine Fans aufzunehmen. Basis für das Ganze sind Kim und eine Gitarre, die von vielen anderen Instrumenten zaghaft unterstützt werden ohne dabei den Fokus zu verschieben. Ein sehr zerbrechliches und gleichwohl kraftvolles sowie abwechslungsreiches Doppelalbum ist dabei herausgekommen. Mit den Hidden Tracks spannen in über 140 Minuten die 22 Songs einen musikalischen Bogen der Extraklasse. Dabei kracht es zwar nicht wie bei den beiden genannten Stammprojekten, Ljung schafft es aber trotz allgemein ruhigen Songstrukturen mit seiner Stimme und gekonnter Instrumentierung weitab von jeglichen Klischees mit melancholisch schönen Gitarrenpopperlen und akustischen Alternative-Rock-Balladen zu überzeugen. CD Nummer eins, betiteln mit ‚The other side of all things’ wird mit der Piano-begleiteten Ballade ‚Migraine skies’ eröffnet, die voller Schwermut zur Mitte hin mit überraschenden elektronischen Sounds überrascht. Und mit diesem Song deutet sich die Marschrichtung für die folgenden 21 Titel an: trotz Minimalcharakter nimmt sich Ljung die Zeit alle seine ‚Kinder’ mit Liebe zum Detail durch experimentelle Sounds und Gesangsfacetten in allen Farben zu einzigartigen Geschöpfen zu machen. Die eher bedrückende Atmosphäre des Openers lockert sich in den nächsten Songs und weicht einem warmen, traurigen Tenor, der sich unterschiedlich in den Songs entwickelt. Mit ‚Rituals’ und 'Eskimo'gibt es sogar zwei Wave-geprägte Midtempo-Nummern. Ein kleiner Diamant präsentiert sich mit ‚Twirl’: verfremdete, teilweise wütend geschrieene Vocals, fesselnd gezupfte Gitarre, elektronische Störgeräusche und ein Echolot aus dem Computer schließen sich stimmig zusammen. Weiterhin ist auf jeden Fall noch der Titeltrack ‚The other side of all things’ ein Herzstück des Ganzen und ist – wenn überhaupt – vielleicht ein wenig mit den Balladen aus dem Hause Kent vergleichbar. ‚Influences for a new album’, die zweite CD, hört sich zunächst wie eine Beigabe von Demos an - ist sie aber nicht. Die Songs sind ähnlich detailliert produziert wie die des ersten Albums. Highlights sind auf jeden Fall ‚Sweep’ und das offizielle letzte Stück ‚Nothing shall keep us apart’. Auch hat sich mit ‚Der Etilletas’ ein düsteres ohne Beats auskommendes Instrumental eingeschlichen. Rein akustisch beendet der versteckte Bonus Track das Solo-Debut. Eigentlich müsste man noch über all die anderen Songs schreiben, die qualitativ auf dem gleichen hohen Level liegen... Erschienen ist das Werk in einer limitierten, nummerierten und signierten Auflage von 1000 Exemplaren, die über das eigene Label ‚Pleasuredisc’ zu bestellen ist. In Russland wird es demnächst eine andere Auflage geben, die allerdings dann nur eine CD enthält. Ljungblut ist seit langem mal wieder ein Projekt das es schafft, das gewisse Etwas jenseits der momentan gehypten Musik zu transportieren und den Hörer durch exzessive Beigabe von Herzblut in sein eigenes kleines Universum zu entführen. Und auch wenn das erste Album ein wenig als das ‚Hauptalbum’ deklariert wird, steht ihm der zweite Teil in nichts nach. Deshalb kann ich jedem nur die Doppel-CD ans Herz legen. Bisher DIE Überraschung des Jahres und - ich glaube - auch die ersten sechs Sterne die ich in 2005 vergebe...