Industrial im Alleingang... In letzter Zeit schmücken sich immer mehr Künstler, oder vielmehr die, die es gerne sein möchten, damit, eine CD auf den Markt zu bringen. Das ist in der heutigen Zeit ja auch kein Problem, kann doch jeder Idiot bei dem Stand der heutigen Technik wild darauf losmusizieren. Es ist ja auch nicht schlimm, wenn diese Jungs und Mädels damit an die Öffentlichkeit gehen. Sich allerdings mit szenegroßen Acts zu vergleichen und mit ihrem Schrott (mild ausgedrückt) die Clubs zu verpesten sowie die Szene-Nachkömmlinge damit zu infizieren, ist peinlich und ärgerlich zugleich. Industrial der alten Tage ist längst nicht mehr das, was er einmal war, sondern einfach nur noch Techno und Kinder-Bums. Als mich letzte Woche die neue Scheibe von Life Cried erreichte und ich dem Pressetext entnahm, dass es sich um „Industrial“ handele und jener Künstler außer auf der Bühne solo voran schreitet, dachte ich mir im Stillen, dass es wohl wieder nichts Neues ist und sich dem anderen Schrott angleicht. Die Szene ist mit solchem austauschbaren Futter einfach überfüttert. Nun wollen wir uns dem zweiten Album des aus den USA stammenden Chris Reject doch einmal annehmen und „Banished Psalms“ genauer unter die Lupe nehmen bzw. in die Gehörgänge einrieseln lassen. Der Titel klingt jedenfalls schon einmal spannend. Ebenso spannend vernehmen meine Ohren den Einspieler „Another Sacrifice“. Klavierklänge paaren sich mit Synthesizerflächen, Harmonie pur. Dann kommt der Noise hinzu und auch dieser hält sich im Rahmen des Harmonischen und passt sich den Klängen hervorragend an. Der Gesang setzt ein und auch dieser passt sich dem Soundgerüst an. Düster, athmosphärisch und noisig - alles in Allem schon einmal viel versprechend Lauschen wir weiter. In den folgenden Stücken Stücken wird es gesanglich etwas aggressiver, der Beat wird schneller, an Harmonie geht jedoch aufgrund der Fingerfertigkeiten an den Tasteninstrumenten nichts verloren. Chris scheint all seine Sorgen, Ängste und Nöte auf den musikalischen Rahmen projiziert zu haben, welcher geschmückt ist mit einigen wohlklingenden Melodiebögen und einem abwechslungsreichen durch den Verzerrer gejagten Gesang. Tempowechsel sind des Öfteren vertreten und bringen Abwechslung auf den Silberling. Mit „Alone“ haben wir ein Zwischenstück auf „Banished Pasalms“, welches einem förmlich das Wasser eiskalt über den Rücken laufen lässt. Kopfkino ist angesagt. Dunkeldüster und noiselastig geht es weiter mit „Preacher“, welcher mit Sicherheit im Club für volle Tanzflächen sorgt. Der Beat lässt sich gut bestampfen und die technoiden Sounds, die gerade so schön „in“ sind, fehlen auch nicht. Wieder etwas im Tempo nach unten geschraubt klingt der ruhiger, schon fast melancholische Track „mor to tarnish“ durch die Boxen. Einfach schön ... Ein weiteres Zwischenstück liegt mit „Procession, Rigor Mortis“ vor, welches aufgrund der Streicherinstrumente stark von Rest des Albums hervorsticht, ohne jedoch die restlichen Tracks in den Schatten zu verweisen. An „Solemn“ und „Forbidden“ werden sich die DJs wiederum erfreuen. Denn hier kommt fetter Industrial in gekonnt umgesetzter Marnier und mit viel Geschick komponiert aus den Boxen. „Derelict“ rundet das Album auf experimentelle Weise ab. Melodien, als erklängen sie aus einer alten Drehleier oder einer alten Spieluhr vereinen sich mit dem Stöhnen oder vielmehr Wimmern einer Frau und noisigen Beats. Fazit: Mit „Banished Psalms“ sticht Chris Reject deutlich aus dem 08/15-Gewummer der heutigen Zeit heraus. Hier liegt der Schwerpunkt nicht zwingend darauf, es einfach nur krachen zu lassen, sondern mit Gefühl und Kreativität das Gehör zu erobern. Auch wenn ich Vergleiche nicht mag, so möchte ich hier doch einen Bandnamen nicht unbenannt lassen: :Wumpscut:. Fans dieser Band und auch die, die mehr wert auf Kreativität, Abwechslung und Experimente legen, sei „Banished Psalms“ wärmstens empfohlen. „Banished Psalms“ ist ein Lichtblick am Horizont des Industrial-Himmels! Danke, Chris!