Darfs ein wenig mehr sein? In den 90ern entwickelte Johan van Roy nicht nur sein Hauptprojekt Suicide Commando weiter und schuf mit unter anderem "See you in hell", "Hellraiser" und "Dein Herz, meine Gier" Klassiker für die düsteren Stampftempel. Zeitgleich ging er einem der beliebtesten Hobbies dieser Zeit im Heimatland Belgien nach: er machte EBM. Nicht allein, sondern mit Kumpel Stefan Bens und auch nicht im großen Stil sondern mehrheitlich auf Kassette veröffentlicht. Dennoch: Es gab Lescure 13 und es gibt sie jetzt wieder – eine Doppel CD und damit haufenweise Musik. Zunächst CD 1 und wohl geplantes Kernstück der Angelegenheit: Das Duo hat sich 6 der circa 20 Jahre alten Tracks geschnappt, sie in die Neuzeit transportiert und mit 4 neuen Songs („Hass und Liebe“, „Todbereit“, „Tot he hilt“ und „Total Chaos“) angereichert. EBM trifft modernen und satt produzierten Industrialsound, Lescure 13 musizieren nicht umwerfend aber einige Male gut: "To the hilt", "Screamers hell" oder "Refuse the needle". Wirklich überzeugt hätte mich das Duo, wenn der 'alte' Suicide Commando Sound (vor den Aggrotech Zeiten) häufiger durch die EBM Wand gedrückt hätte - bei "People" toll zu hören. Die Remixe sind abgesehen von Speznaz's vergnüglicher "People" Variante zu vernachlässigen. Alles in allem solide, mir würde CD 1 nicht als Kaufgrund genügen. Der zweite Silberling ist meine persönliche Schatztruhe: hier sind 21 Orginaltracks aus den Tapezeiten draufgepackt - roh, minimal und überraschend klasse. An vielen Stellen kommen mir düstere Vomito Negro in den Sinn, EBM und melodiöse Elektroklanglandschaften drücken düster aus den Boxen. Favoriten zu nennen fällt mir schwer, zu hoch ist die Dichte an gelungenen EBM Stücken und die Aussetzer halten sich in Grenzen. Wer Freude am klassisch-minimalen Sound und klackernder Produktion hat, der findet sich hier im Wunderland wieder. Van Roy und Bens dürfen gerne weitertüfteln, wenn sie wie bei der Neuauflage von „People“ etwas mehr Willen zur Veränderung zeigen und wenn sie sich jetzt Zeit nehmen und mehr neue Stücke komponieren – der satte Sound 2014 ist zwar toll, aber guter Klang reicht mir nicht aus. Doch CD 2 von ‚Too much… Motherf***ers!‘ erhält von mir vollen Zuspruch als Compilation, denn ich bin mir sicher, das viele EBM Freunde, die das Projekt damals verpasst haben, sich tierisch über einen solchen Schatz freuen werden. Allein dafür 5 Punkte.