Leipzig steht wieder im bekannten Aggregatzustand zwischen Vorfreude, gepflegtem Desinteresse und dem leisen Verdacht, dass man dieses Line-up so ähnlich schon mindestens drei Mal erlebt hat. Die ersten Bands fürs Wave-Gotik-Treffen 2026 sind bestätigt – noch kein Gesamtbild, aber genug Namen, um WhatsApp-Gruppen eskalieren zu lassen und alte Diskussionen zuverlässig neu aufzuwärmen. Also: Humorcheck. Ohne Sicherheitsnetz.
45 Grave eröffnen standesgemäß den nostalgischen Teil des Programms. Deathrock, der so alt ist, dass er inzwischen wieder cool ist – oder zumindest traditionell. A Black Rainbow liefern Post-Punk für Menschen, die auch bei Sonnenschein schwarze Kleidung tragen und das völlig logisch finden. Aesthetic Perfection sind natürlich auch dabei, weil irgendjemand die Aufgabe übernehmen muss, gleichzeitig ernsthaft, ironisch und tanzbar zu sein – ein Balanceakt, den man entweder liebt oder sehr konsequent meidet.
Armageddon Dildos beweisen erneut, dass der Bandname immer noch mehr Aufmerksamkeit bekommt als jede musikalische Analyse. Ash Code bringen Darkwave für lange Nächte, kurze Gespräche und diese spezielle Mischung aus Tanzbarkeit und emotionalem Dauerregen. Cat Rapes Dog feiern 40 Jahre – was ungefähr so klingt, wie es sich liest: kompromisslos, eigenwillig und komplett unbeeindruckt von Zeitgeist oder Zurückhaltung.
Clan Of Xymox sind selbstverständlich gesetzt. Ein WGT ohne Xymox wäre schließlich wie Leipzig ohne Baustellen – theoretisch denkbar, praktisch aber völlig unrealistisch. Covenant liefern Futurepop für Menschen, die früher an die Zukunft geglaubt haben und heute einfach froh sind, wenn der Bass noch funktioniert. DAF zeigen, dass Reduktion, Schweiß und deutsche Direktheit auch 2026 noch erschreckend effektiv sind.
Das Ich sind wieder da, um zwischen Theater, Pathos und Wahnsinn exakt jene Art von kontrolliertem Kontrollverlust zu zelebrieren, für die das WGT seit Jahrzehnten bekannt ist. Einstürzende Neubauten bedienen den kulturellen Überbau – für all jene, die später erzählen möchten, sie seien „nicht nur wegen der Szene“ angereist. Front Line Assembly liefern Industrial als Muskeltraining, Leaether Strip das emotionale Nachbrennen dazu.
Minuit Machine sorgen für kühle Eleganz auf der Tanzfläche, She Past Away für kollektives Seufzen in Zeitlupe, Skeletal Family für Gothic Rock, der auch nach Jahrzehnten noch zuverlässig funktioniert. Suicide Commando decken den Härte-Slot ab, Tyske Ludder den ironischen Gegenpol, während Namen wie Qual, Sagenbringer oder Phosgore daran erinnern, dass das WGT immer noch ein Ort für musikalische Extreme ist – selbst wenn sie manchmal sehr vertraut wirken.
Fazit dieses frühen Humorchecks: Das bisher bestätigte Aufgebot ist weder revolutionär noch langweilig, sondern genau das, was man erwartet hat – und genau deshalb Anlass für hitzige Diskussionen. Noch ist nichts entschieden, noch fehlt das Überraschungsmoment, noch kann alles passieren. Aber eins ist sicher: Leipzig wird wieder voll. Schwarz sowieso. Und wir stehen derweil weiter in Wartestellung. Mit leicht hochgezogener Augenbraue.
Leipzig in Wartestellung: Das bisher bestätigte WGT-2026-Aufgebot mit Humorcheck
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