Es gibt ja magische Momente. Positive und negative. Der Moment, als ich das vorliegende Werk im Digipack aus dem Briefkasten nahm und auspackte war ein solcher Moment – sowohl positiv als auch negativ. Überraschung, Schock, Zweifel, Unglaube, Resignation und Scham (denn es waren andere Personen zugegen, die grinsend beobachteten) – ja, selten hatte ich so sehr das Gefühl „Hallo, CD, du bist hier falsch“. Willkommen also bei Leandra und ihrem Zweitwerk ‚Isomorphine‘. Anfangs Grunge, dann Teil der Band Pounding Dead Heart, später bei Jesus on Extasy und jetzt Solo unterwegs – seit über 10 Jahren ist die gebürtige Weissrussin musikalisch öffentlich und haut live schon mal in die Tasten bei Apoptygma Berzerk, Diary of Dreams oder Santiano. Und bei dem ganzen Namedropping muss die Dame auch noch sehr sympathisch sein: anders kann man sich nicht erklären, dass die Gästeliste des Albums sich wie ein kleines Elektro/Wave-Stadl liest, wenn die Letzte Instanz und 18 Summers auch noch an Bord sind. Also spüle ich alle Zweifel ob der Optik hinfort (Trust hatte ja mit der Königskrabbe unter den schlechten Covern das großartige Debut ‚Trst‘ herausgebracht), ich vergesse auch, dass die Bilder im Booklet und insbesondere das Partygirl in Trümmern mit Fluppe und pinkem Kleid meine Angst deutlich erhöhen. Nein, auch die Texte der Marke Selbstoffenbarung, wie man sie im Zeitalter des Internet inflationsartig auf jedem dritten Profil irgendwelcher Communities findet sollen mich nicht schrecken: so viele Namen können nicht irren! So viele Namen können aber ein Faible für weichgespülten Pop/Wave fern fern fern feeeeeeern von schwarzer Musik haben (was nicht schlimm ist, nur erwähnenswert). Oder sie wollen eine bestimmt wirklich nette Dame nicht vor den Kopf stoßen und ihr sagen, dass es solche elektronische Musik als Duzendware gibt. Jedes Element der Songs kommt mir bekannt vor, die saubere Produktion rückt jede Standart-Wendung gut ins Licht und ‚Isomorphine‘ plätschert nett und zahnlos vor sich hin. In meinen Ohren durchaus vergleichbar mit der Rückkehr von 18 Summers und damit eventuell auch für die gleiche Zielgruppe lohnend – also nicht für mich. Nett, netter, Leandra. Tut mir leid.