Ich kenne nur wenige, die nicht irgendeinen Bezug zu den 80ern haben, ist es doch musikalisch ein Jahrzehnt, das uns immer wieder einzuholen scheint, bzw. manche sogar nie loslässt. Und so kommen in regelmässigen Abständen neue Bands daher, die genau so klingen, als ob Sie aus dem Jahrzehnt der Neonfarben und Synthesizer stammen würden - und tun das aber nicht. Als jüngstes Beispiel fällt mir da “Drangsal” ein, der es extrem exakt auf den Punkt gebracht hat, wie ein Relikt von vor 30+ Jahren zu klingen, melodisch, düster, schwarz&weisse Videos, wirklich top gemacht. Und dann gibt es die Künstler, die sich auch dadurch definieren, noch immer musikalisch sehr in den 80ern zu hängen, aber dann eben doch einen Schritt weiter gehen und versuchen, den Sound in die Gegenwart zu bringen.

Als ein Paradebeispiel dafür gelten für mich Scarlet Soho, die 2015 ihr bis dato letztes Album “In Cold Blood” herausgebracht haben. Darauf jagt ein Synthmelodiegewitter das andere und die Vocals von Sänger James Knights runden das Ganze ideal ab. Doch James war es nach ein wenig Anderem, er wollte eine Spur mehr 80s-Klischeer und einen Hauch mehr Elektronik in der Produktion hören. Als “Knight$” ist er seit kurzem auf Solopfaden unterwegs und hat sich für die erste EP Analog-Synthesizer-Mastermind Martin Dubka, der schon Aeroplane, Ali Love oder Tyson produziert hat und sogar mit Daft Punk schon getourt ist, an Bord geholt.

Das Ergebnis ist mehr als hörenswert und besteht jeden Soundcheck auf aktuellen Club-PA’s. Drei Nummern in glasklarer 80s-Manier, mit eingängigen Melodien und absolutem Ohrwurmcharakter. Die Single der gleichnamigen “What’s your Poison”-EP kommt zusätzlich mit einem herzerfrischend grellbuntem und sich selbst ein wenig auf den Arm nehmenden Video daher, das einen über drei Minuten mitschmunzeln lässt. Nummer zwei, “So Cold” hat fast nostalgischen Charakter und die Sentimentalität, die sie verbreitet, könnte mich auch an einen Schulausflug in den 80ern erinnern. Track 3 gibt dann wieder mehr Schwung frei und die Tanzfläche ruft wieder. “Miami Knights”, die Nummer vier auf der EP, ist eine Ko-Produktion mit Synthwave-Artist Maethelvin und streift dezent den Italo Disco mit den passenden Gast-Vocals. Ein wirklich kompaktes Paket, das auch als limitierte orange 10”-Vinyl serviert wird. Herz, was willst Du mehr? Für alle jene, die der Vinyl-Hype noch nicht gepackt hat, ist die EP aber auch als CD und digital zu bekommen.

Einziger Kritikpunkt ist, dass die Nummen alle doch recht kurz ausfallen, man würde gern länger drin bleiben, es schreit geradezu nach den 12” Versionen, des halb gibt’s einen halben Stern Abzug. Aber vielleicht spielt James ja live auf den vier Promogigs im Januar im Vorprogramm von Melotron ja doch ein paar längere Versionen?!