Sicher ist KMFDM ein Name, der keiner weiteren Vorstellung bedarf: Vom als "schlechteste Band der Welt" angekündigten Garagen-Act zu den De-Facto - Vätern des Industrial Metal, zur Band, die sich sowohl optisch als auch akustisch ihren ganz eigenen Stil erarbeitet und bis heute bewahrt hat. Nunmehr sind über 20 Jahre seit der Gründung von KMFDM vergangen, und mittlerweile ist die Band um Frontmann / Sänger Sascha Konietzko aus der Szene nicht mehr wegzudenken... Mit "Hau Ruck" legt der Fünfer bereits seinen insgesamt zwanzigsten Longplayer vor, beweisen die Mannen um Sascha und Sängerin Lucia Cifarelli eindrucksvoll, daß auch zwei Jahrzehnte Bandgeschichte kein Grund sind, abgenutzt oder leise zu klingen. Ganz im Gegenteil: War schon das 2003er-Album "WWIII" ein beachtliches Stück Musik, so geht die Band auf dem aktuellen Output, sowohl hinsichtlich Aggressivität und Energie als auch in Bezug auf Originalität und Ideenreichtum von Songwriting und Instrumentierung noch einen ganzen Schritt weiter. Irgendwo zwischen DIE KRUPPS, FRONT LINE ASSEMBLY zu "hardwired" - Zeiten, zwischen Metal, Industrial und Elektronik bahnen sich die in die typische KMFDM-Optik gehüllten elf Tracks ihren Weg, schafft es der Silberling, seine Wirkung sowohl unter Kopfhörern als auch bei voll aufgerissener Endstufe an der heimischen Anlage zu entfalten. Durchweg auf hohem Niveau und ohne wirkliche Fehlgriffe ("mini mini mini", der wohl schwächste Song auf "hau ruck", hat zumindest das Zeug zum "Mini"-Ohrwurm...) balanciert man zwischen brachialen Attacken ("free your hate"), electro/ebm - lastigen Songs wie "professional killer" oder stampfenden Midtempo-Brechern im Stile von "hau ruck", geht die Band dabei mit Inspiration, Spielfreude und Kreativität zu Werke, die man in dieser Form teilweise selbst bei jungen und eigentlich noch hungrigen Newcomern vermißt. Besser kann man sich nach zwei Jahren (die seit der letzten KMFDM-Studio-Veröffentlichung mittlerweile schon wieder verstrichen sind) kaum zurückmelden. Vielleicht etwas überraschend, aber umso bemerkenswerter dann die Lyrics zu "hau ruck", das insgesamt neue, fast schon positive KMFDM-Verständnis ihrer eigenen Musik: Anpacken statt meckern, Verantwortung zeigen, aktiv werden! In einer Zeit, in der nur allzu viele Dinge in Politik und Gesellschaft schiefliegen und das Gros der Menschen doch viel lieber vor sich hin schimpft, anstelle ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen und Dinge zu ändern, die sie vielleicht selbst ändern könnten, kann man das wohl gar nicht deutlich genug unterschreiben, wenngleich zu hinterfragen bleibt, inwieweit sich die Hörer der Musik dieses hehren Mottos annehmen, in der Tat die Ärmel hochkrempeln und mit anpacken, "den Karren aus dem Dreck zu ziehen". Nichtsdestotrotz, ein weiterer positiver Aspekt einer insgesamt ausgesprochen gelungenen Veröffentlichung. Wer auf KMFDM kann, der hat das Album mittlerweile eh' schon im heimischen CD-Regal stehen; ansonsten kann man "hau ruck" Fans härterer elektronischer Klänge nur wärmstens ans Herz legen.