Erst vor wenigen Tagen drehte sich ein Gespräch einiger MK-Schreiberlinge um die Frage, welche bekannten Gothic- und Electro Bands es in Italien gebe. Erstaunlicherweise fielen nach etlichem Hin- und Herüberlegen kaum mehr als eine Hand voll Namen. Allerdings liegt hier die Betonung auf "bekannten". Wenngleich die Szene in Italien als ausgesprochen überschaubar bezeichnet werden darf, sollte man nicht vergessen, dass es auch hier im Underground brodelt. Abgesehen von Norditalien ist natürlich die Hauptstadt Rom Dreh- und Angelpunkt musikalischer Aktivitäten. Hier gibt es Clubs, in denen regelmäßig Parties und Konzerte stattfinden, und das bei weitem nicht nur von regional bekannten Bands. Hier versammelt sich das schwarze Publikum, zum Teil aus weit entfernten Städten und Ortschaften angereist, wenn die Touristenmassen längst in ihren Hotelbetten schlafen. Die "ewige Stadt" ist auch die Heimat der beiden Musiker und Künstler Saffio und Chemnitz, die im Mai 2005 das Projekt Klonavenus gründeten. Als Filmemacher, Komponist und Keyboarder für einige Bands brachte Saffio bereits viel Erfahrung und Ideen mit, die er mit Sänger und Lyrikschreiber Chemnitz zügig umzusetzen begann: Bereits im September veröffentlichten die beiden ihr selbstbetiteltes Demo und schickten sich an, das brandneue Material live vorzustellen: Nach drei erfolgreichen Konzerten und positiven CD-Kritiken erschien schon im März die zweite Demo-CD "The Shining Process", die uns Chemnitz, in Rom auch als DJ tätig, persönlich überreichte. Ihren Stil nennen Saffio und Chemnitz selbst "Electro-Goth", eine Bezeichnung, die so wenig konkret wie gleichzeitig absolut zutreffend ist. Der Sound von Klonavenus verzichtet vollständig auf Gitarren und setzt auf eine moderne Mischung aus melodiösem Electro-Pop und düster-romantischem Darkwave. Schnelle, stampfende Beats und verzerrte Vocals sucht man auf "The Shining Process" vergeblich. Stattdessen dominieren weiche, getragene Synth-Arrangements, meist eher zurückhaltend als zu wuchtig eingesetzt, hier und da schmeicheln melancholische Piano-Parts und sakrale Klänge dem Gehör. Allesamt besitzen die Songs einen starken Refrain-Charakter und erinnern auch im Hinblick auf den Gesang und die bilderreich emotionale, textliche Ebene mitunter an Blutengel, ohne allerdings wie diese zu klingen! Jedoch will die Stimme von Chemnitz nicht immer zu den feinen, zarten Kompositionen passen: Zu herb, zu emotionslos und manchmal auch ein wenig disharmonisch wirkt sie an manchen Stellen. Auch das Duett mit seiner Gesangspartnerin scheint bei "A Prison For Me" leider nicht ganz geglückt. Sämtliche Songs sind in Englisch gesungen, unüberhörbar an manchen Stellen der Akzent, der den Titeln einen besonderen Charme verleiht. Ein in der Muttersprache gesungenes Stück gibt es leider nicht; vielleicht ist Italienisch, das so voller Lebensfreude und Energie steckt, zu dieser Musik auch nur schwer denkbar. Klonavenus beweisen mit "The Shining Process" ein glückliches Händchen für emotionale, bewegende Melodien. Trotz fehlender Beat Attacken laden die Songs nicht nur zum Träumen und Zurücklehnen ein, Titel wie "Future Silence" oder "Social Psychosis" sind durchaus tanzflächentauglich. Saffio und Chemnitz präsentieren sich mit "The Shining Process" recht vielseitig, sodass einem baldigen, mit Spannung erwarteten Debüt nichts mehr im Wege stehen dürfte. Zahlreiche Songs sowie das beeindruckende, in Schwarz-Weiß gedrehte Video zum Song "Tonight" können auf der Web- bzw. myspace-Seite der Band heruntergeladen und angesehen werden.