Wer am 25.12. noch auf eine klassische Weihnachtsüberraschung hofft – neue Single, großes Statement, festlich verpacktes Produkt – wird bei Kirlian Camera freundlich, aber bestimmt ausgebremst. Stattdessen schicken sie ihre Fans in eine Schneelandschaft der Langsamkeit und lassen Raum für Interpretation. Kein Konsens, kein Konsum, sondern eine Einladung zum Versinken. Wenn dann also am ersten Weihnachtstag die letzten Geschenkebänder knistern, die Familienplaylist zwischen Wham und Mariah Carey pendelt und das Netz zuverlässig im „Noch lauter, noch glitzernder“-Modus läuft, schalten Kirlian Camera demonstrativ einen Gang runter. Oder zwei. Oder gleich auf Stillstand. Mit dem Facebook-Post „Kirlian Camera Xmas MMXXV – Lento, di Neve, Assorto“ serviert die italienische Dark-Wave-Institution kein klassisches Weihnachtsrelease, keine Single-Ankündigung und auch keinen hastig zusammengeklöppelten Festtagsgruß. Stattdessen gibt es ein winterliches Schwarzweiß-Video: Schnee fällt, die Landschaft wirkt entrückt, alles scheint langsam zu atmen. Mehr Andeutung als Aussage – und genau darin liegt die Wirkung.
In den Kommentaren fragen Fans erwartungsgemäß, ob hier ein neuer Song lauert oder zumindest ein musikalisches Lebenszeichen für die Feiertage. Die Antwort der Band bleibt ebenso elegant wie offen: Nicht ganz. Es sei etwas, das man bewusst für Weihnachten gewählt habe, um dem Chaos zu entkommen. Und dann dieser kleine Nachsatz: „But who knows…“ – ein Satz, der genügt, um Dark-Wave-Hirne weltweit in Bewegung zu setzen, ohne auch nur eine konkrete Erwartung zu bedienen. „Lento, di Neve, Assorto“ funktioniert dabei weniger als Titel denn als Haltung. Langsam. Schneeartig. Versunken. Eine Absage an Dauerbeschallung, Release-Zwang und algorithmische Hektik. Wer Kirlian Camera kennt, weiß: Das ist kein Zufall, sondern Methode. Schon immer bewegte sich das Projekt lieber im Raum zwischen Musik, Atmosphäre und innerem Rückzug als im grellen Rampenlicht. Statt Antworten zu liefern, öffnen sie Räume – und lassen ihre Hörerinnen und Hörer darin allein, aber nicht verloren.
Ob daraus mehr wird, bleibt bewusst offen. Vielleicht ist es nur ein Moment der Stille. Vielleicht ein leiser Fingerzeig auf Kommendes. Oder einfach ein Geschenk an all jene, die Weihnachten lieber als Zustand begreifen – nicht als Event. In jedem Fall passt diese kleine Flucht aus dem Lärm erstaunlich gut zu einem Jahr, das ohnehin mehr als genug Geräusche produziert hat. Manchmal ist genau das die beste Weihnachtsbotschaft: nichts erklären, nichts versprechen – und den Schnee einfach fallen lassen.
Kein Release, kein Krach: ‘Kirlian Camera’ feiern die Stille
Stärker - Spectral
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Still wird’s woanders – Weihnachtsgrüße vom Medienkonverter
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