Toby Diver könnte man durchaus als rastlos und umtriebig beschreiben und als Fan muss man schon aufpassen, um auf all seinen Spielwiesen hinterherzukommen: Ob solo, mit Kayo Dot oder den Quasi-Vorgänger maudlin of the Well und in zahlreichen weiteren Projekten und zahllosen Kollaborationen bewies er seinen Drang, sich künstlerisch Ausdruck zu verschaffen und gerade bei ersten drei Spielwiesen ist der eventuell passendste Überbegriff: Avantgarde. 'Blasphemy' ist nun das neueste Album unter dem Banner Kayo Dot.
Wieder stammen die Texte aus der Feder Jason Byrons, langjähriger Mitmusiker Divers und Freund: Die fantasiereiche Reise dreier Abenteurer, die in der Begegnung mit dem Mädchen Blasphemy ihr unschönes Ende findet liest sich für Freunde derartiger Kost sicherlich ganz wunderbar - mir sind die bildreichen Beschreibungen oft zu aufgetragen. Geschmackssache, genau wie Divers musikalische Vision. Freunde älterer Werke aus den späten 90ern und frühen 00ern werden sich fragen, wieso Kayo Dot fast schon geradlinig und klar im melodiösen Aufbau wirkt, sind doch die Fusionen proggiger, jazziger und poppiger Elemente mit harten Akzenten aus zahlreichen extrem-metallischen Klangwiesen deutlich einem Post Rock Überbau und einer etwas einheitlicheren Melodieführung gewichen. Nein, easy listening ist 'Blasphemy' bei weitem nicht, aber eben auch kein verschachteltes musikalisches Rätsel. Ich bin mir sicher, dass Fans des Musikers diese Entwicklung genauso gespalten aufnehmen werden wie andere seiner Experimente, z.B. die elektronischer gehaltenen Werke, jedoch macht der "Ausflug in die Normalität" keinesfalls einen wirklich schlechten Eindruck - ich bin mir nur sicher, dass langjährige Anhänger hier über die 'Banalität' der Kompositionen unken werden. Sollen sie. 'Blasphemy' ist eine verträumte Klangreise, ein Post Rock Album, dass seine Verweise auf andere Stilrichtungen nicht wie einen Bruch erscheinen lassen möchte sondern diese harmonisch und schlüssig in den Reigen aufnimmt.
Toby Diver bleibt ein Garant für besondere Veröffentlichungen und Dank seiner Unbeständigkeit ist jede Veröffentlichung eine Überraschung - mal eine willkommene, mal eben nicht. Wer 'Coyote' oder 'Choirs of the eye' als state of the art für sein Werk betrachtet, der wird die Nase rümpfen ob der geradlinigen Songstrukturen. Wer aber zu akzeptieren bereit ist, dass Diver stets für sich Neues erforschen möchte und sich auf 'Blasphemy' einlässt, der erhält bittersüße Kompositionen, die auf viele musikalische Phasen und Vorbilder verweisen und zusammengefasst ganz Kayo Dot sind.