Als Kabutogani (jap. Bezeichnung für Pfeilschwanzkrebs) produziert der Franzose Jerome Berthelot schon seit 2001 experimentelle elektronische Musik der Gattung IDM und Glitch. Auf dem reanimierten Label Mille Plateaux erschien nun, zeitgleich zum vergleichweise fluffigeren "The Nothings Of The North" von Ametsub, sein "Bektop" betiteltes viertes Album. "Bektop" klingt insofern sehr minimalistisch, dass die Arrangements durchgehend übersichtlich und die verschiedenen Geräuschquellen und Effekte gut voneinander differenzierbar bleiben. Die einzelnen Tracks bauen sich hauptsächlich aus Bass-Drones, Tinnitus-Fiepen und gewohnten Glitch-Sounds auf. Der aus Rauschen und Distortion zusammengesetzte, omnipräsente Noise-Anteil hebt das Klangbild, zumindest für mich, von den meisten anderen Glitch-Projekten ab. Melodien gibt es nur ansatzweise, gelegentlich taucht für 30 Sekunden soetwas wie eine sich wiederholende Tonfolge in Form einer Hochfrequenz-Synthline auf, doch bleibt sie nur gerade solang, dass man sich noch an sie erinnern kann. Der Rhythmus steht hier eindeutig im Vordergrund und bewegt sich im Down- bis Midtempo-Bereich. So wird meist gemächlich herumgeklickert, ohne gewohnten Beat-Schemata zu entsprechen, wobei ich auch keinen prägnanten Basskick heraushören konnte (mit Ausnahme von "Kuril Probe", bei dem es einen Herzschlag-artigen Basskick zu hören gibt), nur dezent akzentuierte Basslines. Der spartanische Einsatz von Instrumenten, das markante Fiepen und das kontinuierliche Brummen des Bass (es gibt allerdings auch Passagen ohne) erzeugen eine relativ sterile, technische und düstere Stimmung, die nur durch die kurzen, eher unauffälligen melodischen Passagen aufgebrochen wird, aber den Eindruck vom Präzisions-Sound nur weiter verstärkt. Kabutogani beweist auf seinem aktuellen Werk Soundtrack-Qualitäten. Das Beatwork würde ich nicht zwingend als tanzbar beschreiben, wobei man jedoch sicher lernen kann, sich auch dazu zu bewegen. Allerdings überwiegt für mich der atmosphärische Charakter, der z.B. sehr stark in dem viel zu kurzen "Book Gills" zum Tragen kommt, welches ausnahmsweise aufgeraute, aber weiche Ambient-Flächen einsetzt, die sehr gut mit den Drones und dem Clickern harmonieren, wogegen der Rest eher auf Kontrast setzt. Mir gefällt dieses Album sehr gut, denn es wirkt nicht abschreckend komplex, aber auch nicht zu simpel, baut eine interessante Atmosphäre auf und gönnt dem Hörer zudem ein paar rudimentäre, catchy Melodien. Allerdings kann es sich Anfangs als problematisch erweisen, die Lieder auseinanderzuhalten, nicht alle sind auf Anhieb so einprägsam. Allerdings sollte man dem Album auch etwas Zeit geben und sich einarbeiten, die Merkmale sind nämlich vorhanden, nur vll. nicht immer so offensichtlich wie eine Hookline.