Das Album "Oxygène" von Jean Michel Jarre habe ich vor über 10 Jahren zwischen den Kassetten von meinem Bruder entdeckt. Schon als ich die Hülle in der Hand hielt, war ich fasziniert von dem sehr simplen Cover (die Erde, die sich schält und ein Schädel schaut hervor). Zwar war ich ein wenig verdutzt darüber, wie sich eine Metalplatte nur über das Thema Luft befassen konnte und dazu noch diese einfach gestrickte Betitelung: "Oxygène Part I-VI". Natürlich siegt in solchen Momenten immer die Neugierde und die rote Kassette wurde sofort gestartet. Im ersten Augenblick war ich erstaunt: keine kreischende Gitarren, hämmerndes Schlagzeug und böse Growls zu hören, sondern nur elektronische Musik. Obwohl sich die musikalische Vorstellung aufgrund des Covers nicht bewahrheitet hatte, war ich sofort von diesem Album beeindruckt. Gebannt von den elektronischen Klängen von Jean Michel Jarre, saß ich vor der Stereoanlage und ließ mich einfach in diese neue musikalische Welt treiben. Tatsächlich hat das Album des Franzosen mein musikalisches Bild stark beeinflusst, habe ich doch anhand von "Oxygène" festgestellt, dass eine Platte ohne jeglichen Gesang, ohne Texte, ohne Refrains, sondern nur durch Musik Gefühle beim Hörer verursachen kann. Es war mein erster Kontakt mit Ambient Musik, die mich bis heute noch prägt. Oft begleitete mich das Album nach der Entdeckung auf meinen Spaziergängen, welches durch die Klangstrukturen ein neues Bild der Natur erschuf. Als das Zeitalter der CDs begann, habe ich mir natürlich "Oxygène" auch in diesem Medium zugelegt. Leider war es für mich eine große Enttäuschung, denn obwohl der Klang sicherlich besser war, empfand ich es einfach nicht so organisch, sondern nur sehr kühl. Als ich einem Freund dieses Erlebnis erzählte, lud er mich zu sich ein, lies mir einen Kopfhörer aufsetzten und sagte mir, ich solle mich hinlegen und die Augen schließen. Ein knistern war zu hören und die mir bekannte Musik begann, die aber noch nie so von mir wahrgenommen wurde, wie zu diesem Zeitpunkt. Im Gegensatz zu meinem Walkman, hatte ich keine In Ohr Kopfhörer an sondern Ohrumschließende. Es hatte sich einfach die Welt aufgelöst und es waren nur noch die Musik und ich da. Obwohl ich das Werk schon so lange kannte, brachte es neue Stellen hervor, die ich bisher nicht wahrgenommen hatte, weil ich mich nicht ausschließlich auf die Musik konzentriert hatte. Dadurch habe ich nicht nur "Oxygène" einfach neu entdeckt, sondern auch den organischen Klang einer Langspielplatte. Noch heute begeistert mich das Album wie am ersten Tag. So ist es ein Genuss, die Platte vorsichtig aus ihrer Hülle zu ziehen, auf den Plattenteller zu legen, mit der Plattenbürste vor Staubpartikeln zu reinigen, damit die Nadel nicht verschmutzt wird. Zuerst hört man das übliche Knistern bis die ersten Klänge von Oxygène I ertönen und ich mich entspannt (wie vor über 10 Jahren) zurücklehne und mich auf eine musikalische Reise einlasse, die ihren Reiz noch nicht verloren hat.