Wieder mit einem gewaltigen Schuss Trance-, Goa- und Techno-Elementen sowie dem typischen Gesang von Len Lemeire und Els van Bijlen versehen, meldet sich das belgische Ein-Mann-Projekt Implant mit seinem inzwischen sechsten Album "Self-Inflicted" eindrucksvoll zurück. Wie schon der Vorgänger "Horseback Riding Through Bassfields" ist auch dieses Album nicht gänzlich cluborientiert ausgelegt, auch wenn die tanzbaren Beats mit 8 aus 12 klar im Vorteil sind. Vielmehr hat sich Len Lemeire wieder der Soundtüftelei verschrieben, ohne dabei den Beat aus den Augen zu verlieren. So eignen sich einige der Songs eher als klanglich ausgetüfteltes Füllmaterial zwischen den hörbaren Neuerungen anstatt durch reine Abtanzbarkeit zu überzeugen. Notwendig ist dies auch nicht unbedingt, weil ein einfaches Zuhören ebenfalls seinen Reiz haben kann. Bei diesen Songs fällt auf, dass die Sounds einen leicht bis stark sterilen Charakter aufweisen, da gleichzeitig auch ein geringerer Groove-Anteil vorhanden ist. Bei "Self-Inflicted" ist im Vergleich zu seinen Vorgängern wieder ein stärkerer Einsatz von elektronischeren Sounds und mehr Liebe zum Detail durch eine intensivere Samplernutzung zu erkennen. Außerdem ist das Spektrum per se etwas weiter gefasst, etwa durch Gastauftritte von Anne Clark ("Tune Up Your Chips And Circuits", "Surface Tension") und Hungry Lucy ("The New Gospel"). Die Songs sind jedoch keinesfalls auf die Sängerinnen zugeschnitten, sondern bilden eine sehr hörenswerte Mischung aus Implant-Sound, mit Geräuschen und Effekten an jeder Ecke, und dem so typischen Anne-Clark-Sprechgesang (der sicherlich Geschmacksache ist) bzw. Lucys orientalisch vorgetragenen Vocals. Dass der Belgier auch mit ruhigen Songs durchaus auffällig relaxte und anspruchsvolle Stimmung verbreiten kann, beweist er vor allem mit "Surface Tension" auf eindrucksvolle Art und Weise. Es groovt und wabert, der Elektro-Sound schwebt nur so von links nach rechts und umgekehrt zwischen den Ohren und ehe man sich verhört sind 5:23 min schon wieder zu Ende. "The New Gospel" beinhaltet sehr untypische Klangelemente durch den orientalischen Einschlag, was der Vielfalt aber eher zuträglich statt unbekömmlich ist. Mit einem sehr ungezügelten Tempomaß greift "Fatwa" letzteres Thema noch einmal ansatzweise auf und bringt die CD zu einem fast abrupten Ende, wenn man dadurch gerade noch einmal in Tanzlaune gekommen ist. Eine weitere Perle gebündelter Energie findet sich übrigens bei "Drugs Vs. Violence". Hier wurde der normale Techno-Beat mit soviel Zusatzstoffen versehen, dass nun ein harscher, (fast) EBM-anmutender Kracher aus den Boxen tönt, der nach einem Griff zum Lautstärkeregler verlangt, weil es nicht laut genug werden kann. "4 Is Dying" hat eine ähnliche Wucht, da Razed In Black seine Gitarre zur Verfügung gestellt hat. Die beiden Songs der Vorab-Single "You Can Watch/My Gun" gehen in diesem Zusammenhang als nettes Gedudel fast unter. A prospos "My Gun"... Wer Kraftwerk kennt, der wird hier ein paar sehr bekannte Atemgeräusche wiedererkennen. Und a prospos Atemgeräusche... Wer Star Wars kennt, der wird beim industrial-trancigen "In Your Dreams" an einen sehr bekannten Bösewicht erinnert. (Und wem lange nicht mehr übel war, der kann sich das Geräusch gern mal kurz vor der vierten Minute bei "Denoizer" anhören.) - Alles in allem überzeugt die sechste Implant-Veröffentlichung durch viele (kleinere) neue Ideen und ist in jedem Fall ein weiterer Schritt von Implant hin zu einem längst überfälligen Mehr an Anerkennung der Elektro-Dunkelszene.