Ich bin ein großer Fan von Richard Lederer. Das kann man an meinen Liebesbekundungen bezüglich des Hauptprojektes Summoning (zusammen mit Silenius) ablesen und auch seine Nebenprojekte in Sachen NeoKlassik (Die verbannten Kinder Evas) und Dark Elektro (IceAges) tauchen immer wieder in meinem Alltag auf. Jedoch, die letzten Veröffentlichungen blieben mir nicht im gleichen Ausmaß im Gedächtnis wie zum Beispiel das zweite Ice Ages Album 'This killing emptiness' oder quasi alle Summoning Alben bis Oathbound: Sowohl das letzte Album von Summoning im vergangenen Jahr, der bereits 13 Jahre zurückliegende, letzte Ausflug in die NeoKlassik als auch 'Buried silence' aus dem Jahre 2008 waren Alben, die ich mochte, aber nicht begeistert in meinem Herzen trage. Und so ging die Veröffentlichung von 'Nullify' im April an mir vorbei und ich stolperte erst vor Kurzem und ganz durch Zufall über das Album. Es ging aber wohl einigen so, denn das Album wurde vorerst nur als Download über die Bandcamp Page und andere Plattformen vertrieben und nicht wirklich intensiv beworben.

Das ist ausgesprochen schade! 'Nullify' ist zunächst ein ganz typisches Ice Ages Werk und damit schon einmal etwas Besonderes in diesem Jahrzehnt. Denn nicht nur klingen Ice Ages schwer nach dem Dark Elektro der frühen 90er, als man noch nicht auf Geisterfauchen und Dauerbeatgeballer setzte, nein, das Projekt hat auch einen ganz eigenen Sound mit hohem Wiedererkennungswert. Zu beschreiben, was diesen besonderen Klang ausmacht, fällt mir schwer: es sind die mühevollen Beats, die viel mit Stereo-Effekten spielen. Es sind Synthesizer, die dumpf und kalt klingen und gleichzeitig Melodien präsentieren, die die Motive der anderen Projekte gut wiederspiegeln. Richard Lederer arbeitet oft mit dem Gefühl des Verlassenseins, der Trostlosigkeit und Isolation. Auch seine Vocals, die ähnlich verzerrt sind wie bei Peter Spilles (Pitchies) und den klassischen Gesang der verbannten Kinder Evas andeuten, klingen eigenwillig, oft schräg (nicht schief!) aber nie Fehl am Platz. Mit wenigen Spuren wird ein reicher Sound geschaffen, der trotz seiner ganzen Kälte und Abgewandheit den Hörer zu berühren vermag. Soweit der Sound des Projektes, wie man ihn kennt. Auf Nullify erscheint alles etwas klarer und kantiger produziert, jedoch Ice Ages ist und bleibt ganz deutlich Ice Ages.

Inhaltlich konnte 'Nullify' mich schwer überzeugen. Bis auf den Titeltrack und das abschließende "Forsaken", die ich beide nur für gut erachte und die seltsamerweise sechs wesentlich bessere Tracks umrahmen, finden sich in meinen Ohren nur düstere Kracher auf dem Album. Ice Ages spielt viel mit dem Gefühl zermürbender Isolation, es ist fast Doom Elektro, wenn es so etwas gibt und selten kommt man über ein zähes Midtempo hinaus. "Empty shrines" ist eine düstere Bestandsaufnahme der Qualitäten in 2019, "Reunion" mit seinem gezogenen, tief-brummenden Basssound und der stampfenden Rhythmik super Kost, um gerade das trostlose Wetter klanglich zu begleiten. "Chasm" lässt sanfte Streichersounds gegen einen uhrwerkartigen Beat und dieses immer wiederkehrende tiefe Brummen ankämpfen. Der Refrain ist ganz typisch für des Projekt – für mich als Fan also mehr als erfreulich. Es folgt mein persönlicher Höhepunkt "Death parade". Ich kann gar nicht genau sagen, was es ist, aber Lederer gelingt es, hier noch einmal mehr die Stimmung zu drücken. Mit "Lost" und dem sehr karg und experimentell wirkenden "The wheel" folgen noch zwei fast schon kurze Lieder (beide unter 5 Minuten Spielzeit). Insgeamt dauert 'Nullify' fast 50 ausgesprochen zufriedenstellende Minuten.

Auf Anfrage teilte mir Richard Lederer mit, dass das Album in naher Zukunft in limitierter Auflage auch auf CD erhältlich sein soll, am 19.12.2019 um genau zu sein – nun weiß ich nicht, zu was ich raten sollte: Gleich online zuschlagen, da die 7 Euro bei Bandcamp oder anderen Diensten mehr als gerechtfertigt sind für dieses Album oder warten auf eine physische Kopie? Das kann wohl jeder selbst für sich entscheiden, dem Album jedoch muss man einfach ein Ohr leihen!

 

Ice Ages

Nullify

 

09.04.2019 / 19.12.2019

Eigenvertrieb / Temple of Darkness Records

 

https://iceages.bandcamp.com/album/nullify-album

 

01. Nullify
02. Empty shrine
03. Reunion
04. Chasm
05. Death parade
06. Lost
07. The wheel
08. Forsaken