Kurz hatte ich reingehört in ein oder zwei Stücke vorliegenden Albums, schon trudelte eine Promo in meinem Briefkasten, wie ich sie noch nicht gesehen habe: Eine DinA4 Mappe, Album und BonusCD mit Pressematerial, hochwertiges Poster, Postkarte, Fotos, pi pa po. Irre. Auch ein erwartungsfreudiger Kommentar unter unserem Ankündigungsartikel erhöhte den (inneren) Druck (auf mich selbst) und verstärkte den Eindruck, dass hier etwas Besonderes seine Runden in meinem Player drehen würde. Verwunderlich nur, dass Alwa Glebe, die als "Dark Chanteuse" bezeichnet wird zwar seit den späten 70ern musikalisch unterwegs sein soll, die hochlobenden Beschreibungen ihrer Relevanz aber konträr erscheinen zu ihrem Bekanntheitsgrad und ihrer Präsenz im Netz. Auch findet man an vielen Stellen Aussagen wie "seit den späten 70ern in unterschiedlichen musikalischen Projekten aktiv" und "Mitbegründerin der New Wave Band Index Sign", ich kann aber nur einen Artikel über ein Projekt namens Phosphor zuordnen insoweit zuordnen, dass er Alwa erwähnt und kann nur mutmaßen, dass sie bei Index Sign als Susanne Gronemann an den Keyboards stand. Ansonsten fand keine Hinweise auf musikalische Releases vor dem Solo-Debut 1999. Alles sehr merkwürdig. Da ich mir auf diese krassen Gegensätze (hochwertige Promo versus unergiebige Internetrecherche) keinen Reim machen kann, werde ich sicherheitshalber nur vorliegendes Werk (fast) unabhängig von der Vergangenheit besprechen.

Alwa Glebe hat eine besondere Stimme und eine besondere Art der Intonierung. Ein wenig an Ikonen der 20er erinnernd, nicht immer auf hörerschmeichelnder Frequenz, sehr theatralisch und gleichzeitig wenig emotional und kalt. Und dieser Art des Gesangs ist auch der Kern vorliegenden Albums, alles andere ist nur Beiwerk: Die Keyboards, das Piano und die minimalistischen Gitarrenakkorde, die seltenen Drums, alles dient fast ausschließlich dazu, Fundament zu sein für Alwas Gesang. An manchen Stellen erinnert mich der Sound an späte Current 93 Werke, bei denen David Tibets Vocals auch überdeutlich im Zentrum stehen – an einigen Stellen wirklich schade, denn "Agains the pain" ist intrumental ausgesprochen gelungen und die wenigen Mittel wurden effektvoll in Szene gesetzt. Man nehme nur "By your side", bei dem sehr schön mit der Lautstärke gespielt wird und die (Hammond?)Orgel und das Drumming für einen schönen Drive sorgen. Aber machen wir uns nichts vor: Der Gesang ist es, weswegen dieses Album veröffentlicht wurde und wie gesagt, er ist in jedem Fall besonders. Und auch sehr spannend, meist schön und die Bezeichnung "dark Chantreuse" ist passend gewählt. Aber, und auch hier ist der Vergleich mit Current 93 in meinen Ohren angemessen, manchmal würde ich mir wünschen, dass 'Agains the pain' keine solch deutliche Soloshow der Sängerin wäre. Das liegt vor allem Daran, dass Alwa alle 11 Lieder auf die selbe Art und Weise eingesungen hat. Immer leicht leiernd, fast wie betäubt. Unnahbar und verhalten. Immer gleich. Und immer auf Englisch – insoweit eine musikalische Entwicklung, fand man doch auf dem Vorgänger 'Irrlichter' deutsche Lyrik. Doch Alwas stoisch sonore Art, die zum Teil wirklich schönen, minimalistischen Texte unnachahmlich aber eben auch immer auf die gleiche Weise vorzutragen, das ist musikalische Kost, die wirklich herausfordert. War auf 'Irrlichter' instrumental noch mehr Abwechslung geboten und Alwas Gesang nicht ganz so kristallklar abgemischt, so geht es bei "Agains the pain" nur noch um sie. Und so leid es mir tut: ähnlich wie David Tibet (auf mehreren Alben seiner Karriere) scheitert auch Alwa Glebe in meinen Ohren daran, sich selbst zu sehr in den Fokus zu setzen ohne wenigstens etwas Abwechslung in ihren Gesang zu bringen. 42 Minuten singt sie quasi durchgehend, abwechslungsbefreit und in der selben Geschwindigkeit.

Ist 'Against the pain' etwa kein gutes Album? Das würde ich so nicht sagen. "Happy days" und "You wear it so well" sind zusammen mit Roxy Music Cover "Strictly confidential" wirklich gelungen, instrumental gefällt mir das Album über weite Strecken sogar ausgesprochen gut und ja, Alwa Glebe hat eine mehr als interessante Stimme und Art zu singen. Aber diese Stimme 42 Minuten am Stück und so sehr ins Zentrum gerückt zu hören kostet mich einiges an Nerven und ist es nicht eigentlich der Sinn eines Albums, dass man es am Stück gut hören kann?

 

Alwa Glebe

Against the pain

 

27.10.2019

STF-Records

 

01. Against the pain

02. By your side

03. Don't be scared

04. Happy days

05. Into the dark blue sea

06. Memories

07. I felt a funeral in my brain

08. High and low

09.Strictly confidential

10.You wear it so well

11. Nothing stayed the same