Hvile i chaos - To rest in chaos
Es ist schon so, dass das Gehirn Dank einiger Bands sofort den Synapsen den Dienst überlässt: wenn ich also sage "Metal mit Cello umgesetzt" dann wird wohl pavlovartig Apocalyptica aus dem Mund meines Gegenüber purzeln. Das ist manchmal für den Vergleich günstig, denn man hat sofort diesen besonderen Sound im Ohr. Und auch wieder nicht. Denn zum einen verkommt dadurch jeder Versuch anderer Musiker, ähnliches zu wagen, zu einem Abklatsch. Zum anderen zeigten die Finnen in den letzten Jahren in meinen Ohren nur noch magere Kost. Deswegen heute mal etwas ganz anderes: das US Projekt Hvile i chaos um Multiinstrumentalist Chris Brown, der sich eines der herzigsten Pseudonyme für sein finsteres musikalisches Treiben auswählte: Kakophonix. Zur Adventszeit könnte euch die EP 'Black morning, winter green' in Stimmung bringen.
Black ritual chamber music soll es sein. Den Geist des Black Metal soll es in sich tragen. Vor allem ist es aber glücklicherweise keine Cello-Verwüstung, wie man sie eben von denn Herren aus Finnland kennt, sondern liebevoll klassische Kost, Kammermusik mit einem finsteren Anstrich, aber kein plakatives Experiment. Da ich in letzter Zeit viel Dungeon Synth höre und dem Black Metal ja nie fern bin, fühle ich mich schnell in der Klangwelt von Hvile i chaos wohl, denn man versucht nicht, nach Metal zu klingen, sondern eine ähnliche Wirkung zu erzeugen. Dramatische Klangwände, Melodien, die scheinbar endlos wiederholt werden und denoch Spannung durch nuancierte Veränderungen aufbauen. Nach dem einleitenden "An inviting afterglow", das mir bereits ausgesprochen gut gefällt, ist es "Grand darkness engulfs", dass mit seinen quasi wie in Kapiteln unterteilten Melodien mein Herz stürmisch erobert. Für mich bereits eine ordentliche Ausbeute bei einer EP – über 20 Minuten gelungener Musik, die ich nicht mehr missen will. Da ist es auch okay, dass "A shock of winter green" nicht ganz so fesselt und das Outro nicht über den Status eines Outros hinauskommt
Ich komme nicht aus der Klassik, Kenner werden sicherlich hunderte Komponisten aufzählen können, die solche Kunst früher umsetzten. Jedoch für mich Klassikbanausen, dessen bisherige Versuche, dieses Segment für sich zu erschließen immer schnell scheiterten, stellte 'Black morning, winter green' keine Herausforderung dar sondern puren Genuss. Klassikkenner gehen also mit Vorsicht an mein Urteil, aber all diejenigen, die eher aus härteren Gefilden kommen, dürfen auf meinen Eindruck (zumindest teilweise) vertrauen!
Hvile i chaos
'Black morning, winter green'
06.12.2019
Red Nebula
https://hvileikaos.bandcamp.com/album/black-morning-winter-green
01. An inviting afterglow
02. Grand darkness engulfs
03. A shock of winter green
04. Outro