Herzlich Willkommen am Abgrund der Nacht. Hier, am Ende aller Dinge, an der Schwelle von diesem zu einem anderen Leben, haben sich Black Heaven seit jeher besonders wohlgefühlt. Doch auch wenn Mantus-Kopf Martin Schindlers dunkel-elektronische Seite seit nunmehr 18 Jahren die schwarzen Flecken auf unserer Seele in majestätische Klänge hüllt, auch wenn er nah und fern als Untergangsprophet bekannt ist, so tritt er mit „Suicide Songs“ wie selbstverständlich in eine neue Ära ein. Sind wir bereit, ihm zu folgen?
Denn eines muss uns klar sein: Es ist ein Fall. Ein tiefer Fall, den Schindler auf diesem mittlerweile siebten Black Heaven-Opus vertont. Acht Jahre nach dem letzten Monument „Dystopia“ hat sich eben eine Menge aufgestaut, eine Menge zugetragen, haben das Leben und die Welt eifrig die Messer auf seiner Seele gewetzt. Jetzt geht es nicht mehr länger. Jetzt muss es raus. Und entlädt sich in einem Gesamtkunstwerk, dessen Titel nicht treffender gewählt sein könnte. Abschied, desillusionierende Bestandsaufnahme, bittere Anklage, verzweifelte Suche nach Katharsis – „Suicide Songs“ ist vieles. Nur kein Dark-Electro-Album von der Stange. Martin Schindler weiß um den Zustand des Planeten, der Spezies Mensch, der Gesellschaft. Und wirkt auf „Suicide Songs“ doch ein ums andere Mal so, als könne er gar nicht begreifen, was um ihn herum passiert.
Mehr noch ist „Suicide Songs“ aber der Blick nach Innen. Die Suche nach den Ursachen für all die Wunden, all die Narben und all die Zweifel, die sich fest in seinem Geist eingenistet haben. Er stellt sich diesen Wunden und Ängsten, widmet ihnen zwölf Dark-Electro-Hymnen, wie sie in ihrer tragisch-schönen Dringlichkeit seit den frühen Jahren des Jahrtausends nicht mehr vernommen werden. „Suicide Songs“ greift auf, was mit Blutengels „Seelenschmerz“ oder Wumpscuts „Wreath of Barbs“ angefangen wurde: Lieder wie Wunden, die von schwelgerischem Sehnen, von tiefem Schmerz und andächtiger Schönheit künden. Die Schönheit der Verzweiflung, sie wurde viele Jahre nicht so packend und intensiv eingefangen wie auf „Suicide Songs“. Da ist es fast selbsterklärend, dass dieses Werk das bisher persönlichste, ehrlichste und intimste ist, das Schindler je unter dem Namen Black Heaven vollendet hat. Es tut weh, ja. Doch zugleich ist es heilsam.