Kinders, wie die Zeit vergeht. Das Leben rauscht an mir mit all seinen Forderungen und Aufgaben vorbei und ich blicke seit Wochen sehnsüchtig auf einige Alben, die ich hören durfte, aber einfach nicht dazu kam, ihnen ein paar Zeilen zu gönnen. Schluss damit, ich setze mich mal hin und ignoriere die Welt für eines der schönsten Hobbies in diesen düsteren Zeiten: Musik. Vor allem einen Monat vor Mä/erz.
Bock auf klassischen Black Metal skandinavischer Schule, bei dem alle Regler eigentlich auf Standard zeigen und man trotzdem Freude haben kann? Dann habe ich da etwas Feines, das bei aller ausgetretenen Pfaden richtig bockt: Häxkapell ist nicht nur ein in meinen Ohren witziger Name, sondern steht auch für genau das oben Beschriebene.
Natürlich eine Einmann-Kapelle, Janne „Oraklet“ Posti sitzt da im Norden von Norwegen, umgeben von gewaltiger Natur und hat gar keine Lust, etwas Neues zu wagen. Also erschafft er klassischen Black Metal im Mid Tempo und spielt der Einfachheit halber alles selbst ein. Aber: Er macht das verdammt gut, vorbei sind wohl die Zeiten, in denen die Vorreiter des Genres alles selbst, aber zum Teil wirklich amateurhaft beherrschten. Nein, hier klingt alles schmissig, gefällig und gut eingespielt, die Drums sind abwechslungsreich, die Gitarren wundervoll dünn (ich mag es ja old schoolig und halte vollen Sound in diesem Genre für befremdend), das Keifen eher geflüstert und rau, keine Sau auf der Schlachtbank. Hinzu kommen natürlich vereinzelte Bonuselemente wie klarer Hintergrundgesang, Maultrommeln und ähnliches, aber Häxkapell klingen klassischer als klassisch.
Und warum empfehle ich dann das Zweitwerk des Norwegers? Ganz einfach: Ich mag Alben, in denen man die Spielfreude und die Liebe zu Natur und Musik deutlich heraushört. Häxkapell klingt nicht bierernst und trve, sondern aus einem ehrlichen Drang heraus geschaffen, genau diese Musik einzuspielen. Jede enthaltene Sekunde gab es so in den letzten 45 Jahren schon einmal auf einer anderen Scheibe in diesem Genre und dennoch kann das Album mitreißen, kann in mir die alten Gefühle heraufbeschwören, die in den 90ern dafür gesorgt hatten, dass ich dieses Genre (trotz aller politischer und inhaltlicher Arschlochizitäten) so sehr liebe. Raserei und Naturverbundenheit eng zusammen, plötzliche Erhabenheit und Pathos, die inmitten eines Sturms auftauchen und die Brust anschwellen lassen, ein hohes Maß an Abwechslung, ohne dabei zerrissen zu wirken – Oraklet beweist hier wirklich ein gutes Händchen für genau das richtige Maß, wenn es um den Einsatz der einzelnen Elemente und Stilmittel geht.
Es ist wirklich nur etwas für Freunde klassischen Black Metals der zweiten Welle und ich kann mir vorstellen, dass man umso mehr Freude an diesem Album hat, wenn man bereits sicher in diesen musikalischen Gefilden segelt. Dann aber kann man sich wirklich mitreißen lassen von der Lust auf das Genre und die Freude an der Musik, die Häxkapell versprüht. Ich bin richtig froh, es ist lange her, dass mir ein Black Metal Album beim ersten Durchlauf ein breites Grinsen auf das Gesicht zauberte.
Häxkapell - Om jordens blod och urgravens grepp
17.01.2025 / Nordvis
https://haxkapell.bandcamp.com/album/om-jordens-blod-och-urgravens-grepp
1. Satans rötter (‘Satan's roots’)
2. Metamorfos (‘Metamorphosis’)
3. Urgravens grepp är hårt och kallt (‘The grip of the grave is hard and cold’)
4. Hem (‘Home’)
5. Vindar från förr (‘Winds from the past’)
6. Den sanna modern talar (‘The true mother speaks’)