Denkt man an das deutsche Musiktheater ist die erste Assoziation nicht unbedingt Goethes Erben. Der Umkehrschluss ist aber immer zutreffend: Goethes Erben machen deutsches Musiktheater. Nachdem schon die Single "Glasgarten" (mit Peter Heppner, Wolfsheim) erschienen ist, kommt jetzt das neue Album "Nichts bleibt wie es war" in die Läden. Eine der sprachgewandtesten Bands Deutschlands meldet sich zurück. Die Besonderheit im Vorfeld war die Aufführung des Musiktheaterstücks "Nichts bleibt wie es war", bevor das Album eingespielt war. Mindy Kumbalek und Oswald Henke konstruieren mit "Nichts bleibt wie es war" wieder poetische Landschaften von grotesker, zerbrechlicher und auch zerstörerischer Natur und hoffen den geneigten Hörer zum Nachdenken anzuregen. Sie verlassen die düsteren Pfade ihrer Vergangenheit und präsentieren auf ihrem neuen Album ruhige und schöne Klangfarben. Die vertraute Wortgewalt ist aber dennoch erhalten geblieben, denn sie bildet die lyrische Essenz der Erben. So teilt sich das Album in drei thematische Blickfelder. Die 'Zeit nachzudenken' beschreibt die innere Einkehr. "Vermißter Traum" schildert die verlorene und zugleich wiedergefundene Kindheit, deren Vergessen sich in alten Spielsachen widerspiegelt. Daher auch die rote Puppe auf dem Cover. Sehr schön und melancholisch veranschaulicht "Ganz still" das musikalische Repertoire der Erben, das sich bei diesem wie auch bei anderen Liedern beispielsweise in sanften Klavierklängen entfaltet. Überhaupt erscheint das neue Album musikalisch gereifter, nicht zuletzt bewiesen durch die Single "Glasgarten". 'Zornige Utopien' sind vor allem dann bitter, wenn sie die Wirklichkeit beschreiben und damit ihr utopisches Wesen verlieren. Der Höhepunkt dieser Utopien findet sich im "Zimmer 34", das sich mit dem gesellschaftlich akzeptierten und zugleich erwünschten Suizid beschäftigt. Die bedrückende Stimmung dieser Vision wird durch die verzerrte Stimme Oswald Henkes und das vollständige Fehlen von Musik im ersten Teil (Track 11) sehr depressiv untermalt. Das 'Resümee" ist deshalb eindeutig: Nachdenken und Handeln. Mein Resümee von "Nichts bleibt wie es war": Meiner Meinung nach das bisher beste Goethes Erben-Album. Nicht jeder will sich mit den hier beschriebenen, oft kantigen und schroffen Gedanken auseinandersetzen. Wer sich aber auf dieses Album einlässt, wird möglicherweise die eine oder andere Erkenntnis finden.