Es gibt anscheinend Tage, da würde man Pamela Anderson von der Bettkante werfen und es gibt Tage, da würde man sogar unsere Bundeskanzlerin küssen. Woran das liegt? Bin ich Arzt? Als ich vor einigen Wochen das neue Album der Norweger von Glittertind in die Player jagte, brauchte es keine zehn Sekunden und die Scheibe flog wieder heraus. Ab in die Ecke und Schämen. Nun brach jedoch die Veröffentlichung des Werkes an und ich sah mich bei einem gepflegten Abwasch genötigt, „Landkjenning“ erneut anzutesten. Und was soll ich sagen? Vor zwei Stunden und vier Durchläufen hab einen neuen Schatz für mich entdeckt. Manche Trauben reifen eben länger als andere. Was zu Beginn etwas ungewohnt erscheint, ist die Sache, dass der Norweger Torbjørn Sandvik (der auch für alle Instrumente verantwortlich ist) in seiner Muttersprache singen (außer beim Party-Kracher „Longships And Mead“). Aber in Zeiten, in denen Bands wie Moonsorrow ausgiebig gefeiert werden, sicherlich nichts ungewöhnliches mehr. Wer die ersten zehn Sekunden überlebt hat die große Chance eine echte Perle im Folk Metal-Sektor zu entdecken. Wobei der Begriff Metal nicht zwangsläufig passt. Folk Rock würde schon besser zutreffen. Gerade ein Song wie #3 erinnert eher an Schandmaul als an die nördlichen Pagan-Feier-Eulen. Dennoch wird man auch mit „Landkjenning“ Trübsal aus der Welt jagen. Der Opener „Landkjenning“ mit seinen tiefen mehrstimmigen Männerchören animiert einfach zum Trinken. Hoch die Tassen, es wird geschunkelt. Dabei bleibt die Geschwindigkeit (fast) immer im Midtempo-Bereich, was den Songs genügend Zeit zum Atmen gibt und den Hörer nicht überfordert. Mit leicht punkigen Einflüssen (so unter anderem beim unglaublich tollen „Glittertind“) versehen, kann man die Norweger wirklich kaum in einer Ecke mit Finntroll, Korpiklanni und Kollegen stecken. Hier wird fröhlich folkig vor sich hin gerockt, ohne in stumpfe Saufsongs oder in kriegerische Metaphorik fallen zu müssen. So kommt „Jeg Snorer Min Sekk“ fast schon irisch aus der Hecke. Mit „Mot Myrke Vetteren“ gibt es obendrauf noch eine schwermütige Ballade, die dadurch, dass man den Text nicht versteht, noch viel trauriger erscheint. Man möchte den Buben einfach in den Arm nehmen und lieb haben. Mit dem instrumentalen „Outro Overmate Full Av Nade“ (inklusiver einer Orgel), schließen Glittertind ein, mit 36 Minuten, recht kurzes, aber unglaublich spannendes Album ab. Herrlich erfrischend – unbedingt antesten!