2016, das Prophecy Fest. Ich freute mich auf den bevorstehenden Auftritt eines isländischen Projektes, von dem ich bisher nur drei Lieder gehört hatte (denn mehr als die EP 'Can't you wait' gab es noch nicht von ihnen), doch hatte ich keine Vorstellung, wie man diese eigenwillige Mischung monotoner E-Gitarren-Drones und Ambient live präsentieren könnte. Und dann kam dieser unfassbar gute Auftritt: GlarAkur füllten mit vier E-Gitarren, einem Bass, zwei Schlagzeugen und einer hinreißenden Performance die Balver Höhle aus und Minute um Minute versammelten sich mehr Gäste vor der Bühne um von den sich wiederholenden Riffs umgefegt zu werden. War mein Stelldichein mit der EP bereits ein Gutes, so konnte ich mich jetzt als GlerAkur Fan bezeichnen. 2017, kurz vor dem diesjährigen Fest. Wieder stehen GlerAkur auf der SetList und ich darf pünktlich zum Anlass das Debut in die Mangel nehmen. Und damit darf ich auch einen meiner Kandidaten für das Album des Jahres präsentieren. Ja, so einfach kann es sein. GlerAkur, weiterhin das geistige Kind von Elvar Geir Sævarsson , bietet vier neue Songs und eine neu eingespielte und leicht veränderte Version des EP-Titelsongs 'Can't you wait' (die Gitarren satter produziert, das Spiel etwas schleppender). Und wie schon auf der EP überzeugen mich die anderen Lieder mehr. Auf "The mountains are beautiful now" sogar sehr deutlich (auch wenn ich "Can't you wait" keinesfalls als schlecht bezeichnen würde). Das einleitende "Augun opin" ist ein wie ein wahrgewordener Traum, führt es doch anfangs durch sein soft gezupftes Gitarrenspiel in die reiche Natur Islands und erzeugt auf Kopfhörern gehört eine besinnliche Konzentration um dann, in der zweiten Hälfte die Drones einsetzen zu lassen. Verträumt, verzaubernd, überzeugend. "HallAlone" ist nach dem oben Genannten und etwas härteren Stück wieder sehr ruhig, lässt sich über vier Minuten Zeit, schwebt durch stille Ambientklanglandschaften, bevor es wirklich greifbar wird, fast wie ein umgekehrtes "Augun opin" und treibt mir dann wieder die Tränen der Verzückung in die Augen. Drei Songs und damit 25 Minuten sind vergangen, Zeit also für einen richtigen Song: "Strings" wird mit über 15 Minuten Spielzeit im Zentrum des Albums stehen und kommt dafür überraschend schnell zum Punkt: Das Hauptthema wird gleich zu Beginn und klar präsentiert, das dumpfe Drumming erweckt den Anflug ritueller Percussions und die nächsten 12 Minuten passiert nicht viel mehr, als dass genau diese beiden Komponenten immer dramatischer gesteigert werden um schließlich in einer rockigen Jamsession zu enden. Absoluter Wahnsinn - so wenig und doch keine Spur von Langeweile: perfekt. "Fagurt er á fjöllum núna" beendet den Reigen zunächst als melancholisches Stück gezupft, dann von den Musikern gesummt. Doch kurz bevor der Hörer denkt, das Album entschwindet leise pressen die Gitarristen aus der Kernmelodie eine wüst-krachende Nummer. Ein sperriger Abgang, der mich einfach nur nach "mehr" schreien lässt. Und so habe ich das Album seit Erhalt wieder und wieder gehört, mich von meiner Frau verrückt erklären lassen (die darin nur langweilige Gitarrensuppe erkennt und sich fragt, wie man mit quasi 5 Melodien auf fast 50 Minuten Spielzeit kommen kann) und meine Vorfreude auf das Prophecy Fest ist quadrubbelt. Ich greife zum ersten Mal seit drei Jahren zur Bestnote. Mein deutlichster Anwärter auf das Album des Jahres also, sicherlich nicht jedermanns Geschmack und wohl auch nur dann wirklich effektiv, wenn konzentriert auf Kopfhörern gelauscht. Aber es kann die Erfüllung sein, wenn man ein wohlwollendes Ohr wagt. Na los, wagt es!