Auf meiner Entdeckungsreise durch die unendlichen Weiten der „Dungeon Synth Archives“ auf Youtube, die eine erstklassige Schatzkiste darstellen für alle, die dem Keyboard, dem Kitsch und dem Minimalismus verfallen sind, fand ich neben unsäglich vielen Belanglosigkeiten auch einige echte Juwelen. Wenn es gut gemacht ist, weckt Dungeon Synth in mir positive Erinnerungen an viel zu viele Stunden vor Dos-Spielen und 8- und 16-Bit Konsolen und all meine Fantasien von pixeligen Heldengeschichten. Das heutige Juwel ist umfangreich – bringt viel Zeit und wenig Geld mit, denn es lohnt sich. Vor nicht einmal drei Jahren gründete das namenlose, mit einem Schädel maskierte Wesen Fvrfvur und brachte seither 6 Alben und einige Einzeltracks heraus. Das ist für mich normalweise die Stelle, an der ich mich langsam rückwärts Richtung Ausgang bewege, weil ich geringe Chancen auf eine hohe Qualität prophezeie. Doch dieses Mal muss ich gestehen, dass meine Vorbehalte unbegründet sind, denn tatsächlich ist jedes der Alben gut bis sehr gut.

Beginnen wir mit den ersten drei Alben, die römisch nummeriert und mit minimalistischem Cover quasi zusammengehören. Der Sound hier erinnert mich extrem an ganz frühe Carpenter, insbesondere an ‚Assault on Precinct 13‘. Klänge, die dumpf, dröhnen und eine muffige, sehr ruhige Stimmung aufbauend, die mich an Zombiefilme der frühen 80er erinnern. Diese ersten Alben sind nicht durchweg toll, aber pickt man sich zum Beispiel „Plutus“ vom Album ‚III‘ heraus – sagenhaft.

Das folgende ‚Tales from the emerald kingdom‘ war im Sound gar nicht so anders, aber das Melodiebild wandelte sich und ich erkenne eher Parallelen zu Rollenspielen der endenden 80er und beginnenden 90er Jahre. Ab und an mit Pauken unterlegt, etwas epischer und zum Teil sogar mit verhallten, vollkommen unverständlichen Vocals. Hier sind es Titel wie „Ancient titans“, die Fvrfvr zu einem benennenswerten Vertreter des Genres machen: Es beginnt als epische Hymne für mutige Krieger, wandelt sich dann durch die Vocals, wirkt unscharf, undeutlich. Irgendwann setzen schräge, sehr künstliche Klänge ein, alle Epik scheint verloren bevor alle Elemente plötzlich zusammenspielen und -passen.

Das letzte Jahr war ganz stark: Zunächst kam ‚Bitmancer‘ heraus und das Albumcover und der erste Soundeffekt machen klar: hier wird dem Gameboy gehuldigt. Schräge, zum Teil wohlbekannte Sounds werden genutzt, um epische Strukturen aufzubauen – ein unterfangen, das wohl nur in den Ohren von Fans so richtig gelingen mag. „The fae grove“ ist hier mein ab so lu ter Favorit, ich sehe meinen Helden durch die grün-schwarzen Landschaften schreiten, mit zappelnden Dorfbewohnern reden und niedliche Monster verdreschen und das überdrehte Ende, bei dem die Bits vollkommen durchzudrehen scheinen, ist wie eine Liebeserklärung an meine Sinne. Sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber verdammt, ist das geil.

Es folgte 2020 das bis dahin letzte Album: ‚Return to the emerald kingdom‘ und damit eine Weiterentwicklung. Wir sind im Zeitalter der zweistelligen Bitzahlen angelangt, es finden sich auch E-Gitarrensounds wieder. Erneut passen die Melodien zu Rollenspielen, sind ideale Hintergrundbeschallung für Pen&Paper Abende mit guten Freunden und es gibt so viel Schönes zu entdecken. Ich benenne das ruhige, sich langsam steigernde „Chuerewa“ und den „Medicus piperis“, der unerwartet poppig artet und glatt zum Tanzen einladen könnte, als meine Tipps. Aber es sind definitiv nicht die einzigen Stücke, die verzücken.

Mir geht es so, dass quasi auf jedem Album die Hälfte aller Titel gefallen und der Rest eben okay sind. Quasi nie gibt es Ausfälle, aber eben so einiges, dass dann doch nur nett ist. Doch die Hälfte bedeutet unglaubliche drei Stunden Musik, die ich wärmstens empfehlen kann. Und da die gesamte Diskografie für nur 6,80 Euronen im Warenkorb landen kann, gibt es eigentlich keine Ausrede mehr. Fvrfvr ist abwechslungsreich, bisweilen mitreißend und schafft es, das hohe Niveau auf unterschiedliche Weise umzusetzen. Nur die beiden Live-Dokumente haben sich in meinen Ohren nicht wirklich gelohnt. Sei es drum.

 

Fvrfvr

Diskografie

 

2018 - 2021

Eigenvertrieb

 

https://fvrfvr.bandcamp.com/