Frau Fleischer möchte nicht, dass man zwischen den Zeilen liest. Frau Fleischer mag es stumpf und direkt. Und kurz weckte Frau Fleischer mein Interesse, denn das Video zu „Baby I’m free“ ist nicht gut und der Song ist nicht mitreißend, aber es bestand zumindest die Möglichkeit, dass da ein Trash-Konzept dahintersteckt wie beim Käpt’n Rummelsnuff: Oberflächlich billig und mies und bei genauerem Hinhören und -sehen ein mühevolles Gesamtkunstwerk.

Doch nach dem ersten Durchlauf und einer kleinen Analyse der schmalen Informationen, die verpackt sind in aufgetragenen Floskeln, bleibe ich ernüchtert zurück. Vielleicht lag es am Namen Frank Schultz, den ich bei seinem Soloprojekt Schultz kennenlernen durfte und seitdem aufgrund des in meinen Ohren rumpelstumpf Sounds ohne Herz meide, wie der Teufel Wasser. Vielleicht sind es Beschreibungen über den ach so erfolgreichen Gitarristen, der die Bühnen der Welt gesehen haben will, was ich bei einer Recherche aber nicht wirklich nachvollziehen konnte. Vielleicht ist es aber auch Sänger*in Gabriel Daimon selbst: Dafür, dass das Video Dank extravaganten Outfit und Waffen eine Kampfansage an das Establishment zu ein schien, schön krass und herausfordernd, agiert Daimon auf Albumlänge und ohne optische Unterstützung gesanglich unbeeindruckend normal. Wenn man den Projektnamen, die Pressetexte und das Video verdrängt, dann ist das Debütalbum ein gleichförmig wummernder Brei stumpfen Industrialmetals mit dem ein oder anderen poppigen Refrain. Daimon hat eine an Grace Jones erinnernde Art und Weise des Sprechgesangs und in den wenigen Momenten, in denen er wirklich versucht zu singen klingt er eigentlich nett (siehe am Ende von „Baby I’m free“). Aber da ist einfach nichts von dem, was die Verpackung suggerierte. Ja, die Elektronik rattert nähmaschinenartig und die Beats wummern immerwährend, man höre sich nur „Infierno“ an. Aber da passiert nichts, was mehr als Fundament sein könnte für etwas Greifbares. Da gibt’s aber so gar nichts: Die Gitarrenriffs passen sich ausgesprochen gut an die Beats an und kommen über das Attribut schablonenhaft nicht hinaus.

Alles zusammen für zu einer klaren Haltung meinerseits: Monoton, direkt und dabei einfach unbesonders – fast wie Kirmes-Mucke, die im Hintergrund ballernd Geschwindigkeit und Druck suggeriert, aber nicht geeignet dafür ist, ihr Aufmerksamkeit zu schenken. Frau Fleischer haben kein spannendes Konzept und schaffen es mit Bravour, dieses dünne Fundament mit Ideenlosigkeit und einem kompletten Fehlen eines Schockeffektes zu zerbröseln. Sicherlich findet sich eine Käufergruppe, die nicht meiner Meinung ist, aber das muss erlaubt sein. Ich lösche die Dateien nun und höre irgendwas anderes… Irgendetwas.

 

Frau Fleischer

When the sun’s down

 

23.11.2021

Sliptrick Records

 

https://www.facebook.com/fraufleischerband/

 

01. Sacrifice
02. Holy crown
03. Piece of meat
04. Baby I’m free
05. Infierno
06. Bagarre
07. Bloody curls
08. A boy was shot
09. Bad girl