Fields Of The Nephilim - Dawnrazor

Fields Of The Nephilim -...

Manchmal gibt es Reissues, bei denen man sich fragt: „Musste das wirklich sein?“ – und dann gibt es Reissues wie dieses hier. 'Fields Of The Nephilim', seit 1984 rund um Frontmann 'Carl McCoy' eine feste Größe des Gothic-Universums, sind so eine Band, bei der man schon beim Lesen des Namens automatisch den imaginären Staub von einem langen Ledermantel klopft. Kaum eine andere Formation hat es geschafft, Gothic-Rock mit Western-Mythologie, Okkultismus und einer ganz eigenen Endzeit-Poesie zu verschmelzen. Kein Wunder, dass nicht nur die Szene, sondern auch Bands wie 'Swans', 'Godspeed You! Black Emperor' oder 'Behemoth' bis heute von ihnen schwärmen. Und mitten in dieser Legendenbildung steht ihr Debüt von 1987: 'Dawnrazor'. Ein Album, das nie einfach nur Musik war – eher ein dunkler Wind, der einem ins Gesicht weht.

Mit dem neuen Reissue, erschienen am 12.12.2025 als Papersleeve-CD, bekommt dieses Debüt endlich die Aufmerksamkeit, die es schon damals verdient hätte. Zur Erinnerung: Die ursprüngliche LP von 1987 hatte nur zehn Tracks. Die späteren CD-Versionen dagegen – je nach Land und Laune des Labels – sahen völlig unterschiedlich aus. Mal mit 'Preacher Man', mal ohne, mal mit EP-Zusätzen, mal mit alternativen Mixes. Ein heilloses Durcheinander, das Fans über Jahrzehnte in Diskussionen stürzte. Das neue Reissue macht damit Schluss: Zum ersten Mal sind alle 14 Tracks aus der damals entstandenen Schaffensphase auf einer einzigen CD zusammengestellt. Schon das allein ist ein kleines Wunder.

Musikalisch hat sich das Album durch das Remaster hörbar erfrischt. Der Opener mit dem berühmten Ennio-Morricone-Sample 'Man With The Harmonica' klingt jetzt so, als wäre der Wind tatsächlich noch ein Stück kälter geworden. Die Gitarren sind klarer, ohne ihren schabenden Wüstencharakter zu verlieren, und der Bass geht angenehm tief, ohne matschig zu werden. Alles wirkt ein bisschen näher am Hörer, ein bisschen lebendiger – aber nicht so sauber, dass es steril oder unpassend wäre. Dieser schmutzige, ritualhafte Charme bleibt vollständig erhalten. Genau das liebe ich an diesem Album: Es klingt immer ein bisschen so, als würde es direkt aus einer Parallelwelt zu uns rübergeweht.

Stilistisch war 'Dawnrazor' schon immer ein Sonderfall. Es ist kein typisches Gothic-Album, das mit Nebelmaschinen, Friedhofsromantik und Dauer-Moll arbeitet, sondern eher ein düsterer Western-Soundtrack, bei dem man das Gefühl hat, gleich reitet irgendwo ein apokalyptischer Cowboy durchs Bild. Songs wie 'Preacher Man', der heute völlig zurecht als einer der größten Gothic-Tracks gefeiert wird, zeigen das mit beeindruckender Selbstverständlichkeit. Und der Titeltrack selbst bestätigt, warum 'Louder Sound' ihn einst als „langsam, bedrohlich und jenseitig“ bezeichnete. Im Remaster wirkt das alles noch wuchtiger – fast so, als würde jemand die Tür zu einer längst verschollenen Kathedrale öffnen.

Für wen ist dieses Reissue nun eigentlich gedacht? Ganz klar: Für Fans, die endlich eine vollständige, saubere und klanglich verbesserte Version von 'Dawnrazor' haben wollen, ohne drei verschiedene CD-Versionen vergleichen zu müssen. Für Leute, die neu einsteigen wollen, eignet es sich ebenfalls hervorragend – vorausgesetzt, sie bringen ein bisschen Geduld mit und erwarten kein locker flockiges Nebenbeialbum. 'Dawnrazor' fordert Aufmerksamkeit. Es nimmt den Hörer ernst. Und es hat keine Angst davor, düster zu sein, ohne kitschig zu wirken. Wer hingegen nach Party-Gothic sucht oder einfach etwas für die Autofahrt will, sollte vielleicht etwas anderes auswählen. Dieses Album ist mehr wie ein Ritual: Man setzt sich hin, macht das Licht etwas dunkler, hört bewusst zu – und lässt sich hineinziehen. Am Ende bleibt für mich nur eines festzuhalten: 'Dawnrazor (Reissue)' zeigt, dass ein Debütalbum nicht jünger werden muss, um wieder relevant zu sein. Manche Platten brauchen einfach die richtige Zeit, um zurückzukehren. Und 2025 fühlt sich verdammt richtig an.

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