Der aus New York stammende Drew Lustman aka FaltyDL hat mit seinem Debüt-Album “Love Is A Liability” vor 2 Jahren schon die Aufmerksamkeit der UK Dance-Szene auf sich gezogen. Einerseits ist sein Stil relativ stark geprägt durch UK Garage, andererseits entflieht er den gewohnten Mustern mit Leichtigkeit und schafft seinen eigenen, geradezu idiosynkratischen Sound, dessen Basis sich aus einem eklektischen Sample-Repertoir zusammensetzt und verschiedene Eigenschaften von Hip Hop, Soul, Funk, House und Electronica à la Ninja Tune vereint. Nach diversen EP's und Remixes, u.a. auf Modeselektor's 50Weapons, Rush Hour und demnächst auf Loefah's Swamp81, erscheint mit “You Stand Uncertain” nun der Nachfolger des ausgebildeten Sushi-Kochs. Connaisseurs werden mit den auf dem Album anzutreffenden Samples ihre Freude haben, es gibt dahingehend einiges zu entdecken. Lustman hat ein Faible für Rave, Jungle und House der 80er und 90er Jahre und reanimiert diese vergangenen Phasen elektronischer Musik in neu zugeschnittener Form. So kann bspw. “Voyager” als eine Referenz zu den Detroit-Techno und -House-Produzenten Theo Parrish and Anthony Shakir aufgefasst werden. Nicht das ich soetwas heraushören können würde, aber die, die dazu in der Lage sind, werden womöglich in ihrem Ohren-Ejakulat nur so schwimmen. “You Stand Uncertain” ist gewissermassen eine Hommage an die Vorreiter heutiger elektronischer Tanzmusik. Lustman kommt zugute, dass er es zeitgemäß verpackt und dadurch evtl. auch einem jüngeren Publikum zugänglich macht. Desweiteren hat er sich zum ersten Mal gesangliche Unterstützung besorgt, und obwohl er sehr gerne Vocals manipuliert, hat er diesmal die Stimmen kaum nachbearbeitet und auf die Arbeit der beiden Sängerinnen Lily MacKenzie und Anneka vertraut. Letztere dürfte Dubstep-versierten Hörern schon durch ihre Kollaborationen mit Blue Daisy, Starkey, Vex'd, Milanese und Ital Tek bekannt sein. Mit ihren Stimmen verleihen sie den drei Stücken, in denen sie zum Zug kommen, noch eine besondere emotionale, persönliche Note. Ob die Lyrics dabei helfen, die intendierte Aussage des Albums besser zu vermitteln, sei dahingestellt, ich denke, Lyrics werden überbewertet und FaltyDL's Musik spricht für sich. Denn auch die übrigen intrumentalen Stücke vermitteln eine warme, freundliche Atmosphäre, und pendeln zwischen Tanzflächen- und Lounge-Beschallung mit Vintage-Flair. Rhythmisch geht es etwa zur Hälfte in Richtung UK Garage bzw. 2-Step, mit swingenden HiHat-Shuffles und synkopisch positionierten Beats. Die andere Hälfte bedient sich mal an Jungle-Percussions, dem erwähnten Detroit-House, Techno oder Breakbeat. Die Bassline klingt teilweise sehr funky und könnte genausogut live auf Bassgitarre eingespielt worden sein (habe ich etwa wieder ein historisch relevantes Sample überhört?). Insgesamt ist die Rhythmus-Sektion damit sehr unruhig, was jedoch durch sich wiederholende, einfache Melodien recht gut kompensiert wird und dem Ganzen eine angenehm belebende Wirkung verleiht. Das neue Album von FaltyDL lässt sich nirgendwo so wirklich ansiedeln, ausser unter dem sehr weit gefassten Electronica-Begriff, und das ist auch sehr gut so. Dadurch bleibt es abwechslungsreich und bedarf der Gewöhnung, d.h. sofern man etwas mit dem Stil anfangen kann, kommt man um ein mehrmaliges Anhören und langsames Erschliessen nicht herum. Das wissen um die Geschichte der verwendeten Samples ist sicher hilfreich zum Verständnis von Lustman's Arbeitsweise und auch der Aussage des Albums, doch ist sie nicht zwingend erforderlich. Mir selbst entgehen solche Details meistens und ich hatte trotzdem kein Problem damit, zu erkennen, dass hier diverse popkulturelle Bezüge hergestellt werden. Es mindert jedenfalls nicht die Freude am lebendigen Sound dieses Werks.