'Die Mensch-Maschine' begeisterte die Hörer von Beginn an, war sie doch so liebenswert und beinahe menschlicher als mancher Mensch. Sie war Zukunft, sie war Faszination, sie war perfekt. 36 Jahre gingen ins Land und unser Verhältnis zur Maschine hat sich verändert: nicht mehr der Traum von den Möglichkeiten einer fantastischen Zukunft, sondern die Gefahren der Allmacht der Maschine bestimmen Fiktionen.

Doch 'Die Mensch-Maschine' hat nichts von ihrer visionären Kraft eingebüßt, Artwork, Titel, Texte und natürlich ihre Technik bleiben zeitloses Kulturgut. Es folgt eine Liebeserklärung der ganz besonderen Art an Kraftwerk und ihr wohl erfolgreichstes Album: 2014 wendet sich das Erste Wiener Heimorgelorchester, bestehend aus Thomas Pfeffer, Jürgen Plank, Daniel Wisser und Florian Wisser, in Richtung Zukunft um für eine kleiner Hörerschar 'Die Mensch-Maschine' zu ihrem eigenen Kunstwerk umzuformen. Seltsam. Eigentümlich. Irgendwie wunderschön. Bisher erlebte ich nur (mehr oder minder wertige) Reproduktionen mit modernen Mitteln. Technoversionen, Metalcover - was mussten allen voran "Das Modell" oder "Die Roboter" über sich ergehen lassen, wenn ihnen namenhafte Stars Tribut zollen wollten. Doch eine Herangehensweise mit ein klein wenig in die Jahre gekommenen und zugegebenermaßen auch schon damals nicht gerade idealen Klangerzeugern ist etwas Besonderes. Denn wer sich "synthetischen Klängen kleiner, billiger consumer keyboards der Marken Casio, Bontempi, Yahama u.v.a." verschrieben hat (siehe Bandbeschreibung auf der Homepage), für den wirken die Klänge des Originals nach futuristischer Perfektion. Doch mit ihren wenigen Möglichkeiten und vermenschlichten Stimmen gelingt den vier Wienern das Unglaubliche: sie spielen das Original fast Ton für Ton nach und hauchen dem Werk dabei dennoch einen ganz eigenen Charme ein.

Es ist ein Genuss, mit welchem Ideenreichtum man die Plastikkästen überlistete, um 'Der Mensch-Maschine' ein Eigenleben einzutauchen. "Die Roboter" eröffnen das Album natürlich, sind aber neben "Metropolis" in meinen Ohren am schwächsten, denn sie bleiben zu nah am Original. Doch "Spacelab" wird zu einer verniedlichten, stillen Homage an die Sehnsucht, "Das Modell" zum schrägen Highlight mit Mickey Mouse Sprechgesang zu zerbrechlich leisen Tönen. Der entspannte Gesang bei "Neonlicht" und die fast schon euphorische Stimmung machen den Song zu einem kleinen Hit für Sommernächte in Wien. Und die unumgänglich anschließende "... Mensch-Maschine" menschelt durch den Gesang immens. Die Zielgruppe wird überschaubar sein.

Doch wer Kraftwerk schätzt, musikalischen Klangexperimenten gegenüber aufgeschlossen ist und nicht auf Soundperfektion mit 200 Spuren besteht sollte sich Zeit nehmen, diese neue alte Maschine zu entdecken. Das wundervoll reproduzierte Artwork tut sein übriges und erhöht in mir den Wunsch, dieser besonderen Maschine auch einmal live begegnen zu dürfen - sicherlich eine ganz besondere Erfahrung.