Projektname: Elektrohandel. Tätigkeit: Musik machen. Elektronisch, wie der Name vermuten lässt, aber kein Industrialbrei, so wie man es mit gebrauchten Dingen erwarten kann, die einfach gegeneinander geschlagen werden bis sie kaputt sind. Ganz im Gegenteil wird eine wilde Geheimmischung aus teilweise uralten Synthies verwendet, die Marco und Niels in Pro Tools zusammenlöten. So klingt das Album "Aehnlich Sein" von Elektrohandel auch - analog, wabernd, knarzend, ambient, sphärisch, verspielt, spannungsgeladen, rhythmisch und - entspannt. Die Sparte Electronic umfasst hier also eher die hellere Variante im Chillout-Bereich. Die Entstehung der Songs war übrigens meist in zwei Durchläufen abgeschlossen, denn die Beiden "haben schließlich nicht ewig Zeit". Umso überragender ist das Ergebnis, was nach zwei Waschgängen, inkl. der "legendären Breaks und Übergänge", ans Tageslicht kommt. Harmonische Klangcollagen (die es beim nächsten Album in dieser ausgeprägten Synthiform nicht mehr geben wird), die mit mehr oder minder starken Beats eine Reise in eine akustische Welt anbieten, die jeder Elektronikliebhaber mit offenem Herzen annehmen wird, weil sie wie ein heißes Messer durch Butter widerstandslos ihren Weg durch die Ohren ins Gehirn finden. Dort verarbeitet wird die passende Stimmung erzeugt: entspanntes Mitgrooven bei "Entspannen", "Denken", "Gehen" und "You In Me (2Grad Mix), 'Abzappeln' bei "Handeln" und "Abgehen" (sehr technoid), asiatische Ruhe mit Sitar bei "Ruhig Bleiben", einfach nur Zuhören bei "Sehen" und dem experimentell breakbeatlastigen, gefilterten "Sein" und Besinnlichkeit bei "Sprechen". Einzig "Spielen" fördert durch den zweiten Teil mehr die hektische Unruhe. Keiner Restriktion unterlegen bewegen sich Elektrohandel auf einem bekannten Gebiet, aber mit einer famosen Leichtigkeit, die zeigt, dass sie sich hier auf ihrem Lieblingsspielplatz befinden - gekonnte Frickelei, die den Hörer wach hält. Eventuelle Erinnerungen an bekannte Bands sind in der nächsten Minute, spätestens aber mit dem nächsten Titel wieder vergessen. "Aehnlich Sein" ist ganz großes Kino, das sicherlich leider nicht über den Geheimtipp heraus kommen wird, solange die Musik-Charts das sind, was sie derzeit und schon lange sind: Frau Müller. Nur eben ohne 'Frau' und 'er'.