Bereits 1998 wurde Edge Of Dawn von Mario Schumacher gegründet, erst sieben Jahre später vervollständigte Frank M. Spinath das Duo und noch einmal zwei Jahre später steht „Enjoy The Fall“ in den Läden. Eine lange Geschichte - in wenigen Worten beschrieben. Doch wichtiger als der Entstehungsprozess der Band ist das Resultat: ein Album, dass in diesem Jahr noch seines gleichen sucht. Ich gebe zu, „Enjoy The Fall“ benötigte bei mir Zeit zur Entfaltung. Ich bin eigentlich Liebhaber der härteren musikalischen Gangart. Das Album konnte mich also nicht unverzüglich im ersten Durchlauf fesseln. Doch viele Wochen und Stunden auf dem Laufband später, entwickelte sich „Enjoy The Fall“ zu einem unbedingten und dauerhaften Bewohner meines mp3-Players. Eine eindrucksvoll leidenschaftliche und komplexe Produktion ist dem Duo hier gelungen. Wo mit der Auskopplung „The Flight (Lux)“ die Messlatte bereits außerordentlich hoch gelegt wurde, reißt der Springer hier nicht ein, sondern legt noch einen drauf. Hier merkt man, dass zwei erfahrene Musiker aufeinander getroffen sind. Spinaths Vergangenheit bei Seabound lässt sich nicht verstecken. Ähnlichkeiten lassen sich bei solch markanter Stimme eben nicht vermeiden. Das kann man aber keineswegs als Kritik verstehen. Edge Of Dawn sind ganz deutlich ein selbständiges Projekt. Aber nun zum Wesentlichen: der Musik. „Enjoy The Fall“ ist ein Konzeptalbum, das es so viel zu selten gibt. Herr Spinath brachte die Geschichte, Herr Schumacher vertonte sie. Jeder der zwölf Titel dreht sich um die Geschichte eines Mannes, der am Borderline-Syndrom leidet. Diese Persönlichkeitsstörung führt zu emotionaler Instabilität bei den Betroffenen. Daraus entstehende Affekthandlungen sind für die Umwelt der Erkrankten eine starke Belastung. So leidet auch die Frau, des hier beschriebenen Mannes, derart unter der Krankheit ihres Gatten, dass sie ihn am Ende umbringt. Und so differenziert emotional geartet wie das Gefühlsleben der Betroffenen und dieser Geschichte ist auch „Enjoy The Fall“. Von den düsteren, stürmischen Affektsituationen über die Momente der Ruhe hin zu den Zeiten der traurigen Betroffenheit der Frau nimmt sich das Album aller Gemütszustände an. Perfekt arrangiert nimmt jeder Song seinen Teil in dieser Geschichte ein. Das musikalische Repertoire der Musiker wird komplett ausgeschöpft, über die Grenzen des Elektro-Pop hinaus. Durchaus wagt man sich auch in rockigere Gefilde ohne dabei dieses so empfindliche, weil so besondere (Musik-) Gebilde zu zerstören. So vermischen sich tanzbare, stürmische Songs wie „Black Heart“ oder „Elegance“ mit verträumt melodischen Titeln wie „Beauty Lies Within“ (wunderschön!) oder „Descent“. Was alle Songs miteinander verbindet ist ihre Intensität. Jenes Band, das dieses Gebilde zusammenhält, den Hörer mit in die Geschichte hineinzieht und sich in allen Windungen der Gehörgänge festsetzt. Insbesondere das so wunderschöne, melancholische „Beauty Lies Within“ geht direkt unter die Haut. Die bizarren und reduzierten Motive der Polaroids im Booklet verstärken diese Stimmung. „Enjoy The Fall“ ist ein Album, bei dem man noch das Gefühl hat, dass die Musiker sich wirklich mit ihrer Arbeit beschäftigt haben. Dass hier jeder ein Stück von sich mitgegeben hat. Für jeden anspruchsvollen Musikliebhaber ist dieses Album ein „Must Have“. Aber auch für jeden anderen ist es eine absolute Bereicherung. Zum Genießen! Als Bonus enthält das Booklet der CD einen Zugangscode für weitere, bisher unveröffentlichte Remixe der Band. Abzurufen auf deren Homepage. Reinhören lohnt sich natürlich. Keine Frage, nachdem was Edge Of Dawn mit „Enjoy The Fall“ vorgelegt haben.