Dvar - Highlights of lightwave I

Im Jahr 2003 war der Medienkonverter das erste und gleichzeitig das letzte Mal mit einem Tonträger der geheimnisvollen russischen Formation Dvar bemustert worden. Jetzt, im Herbst 2009, trudeln recht überraschend zwei CDs ein, beide Erscheinungsjahr 2008. In dieser langen Zeit, lässt sich herausfinden, ist bei Dvar einiges passiert. Etliche Alben erschienen nach dem von uns rezensierten "Rakhilim", das Label wurde gewechselt, eine ahnsehnliche Myspace-Präsenz aufgebaut und – wie nun vorliegend – zwei Best-of-Platten herausgebracht. Beide nennen sich "Highlights of lightwave" und erscheinen als Part I und II, vollgepackt mit Titeln aus den Jahren 1997-2002 (inkl. zwei bisher unveröffentlichte Tracks, davon einer live) der Russen, die sich selbst zu einer Art Mysterium kultiviert haben, und dabei recht erfolgreich sind, auch weit über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus. Mit ihren humorigen, düster-okkulten elektronischen Kompositionen, welche stets ein Hauch von Wahnsinn umgibt, sind Dvar absolut einzigartig. Die Band, deren Mitglieder (wenn es wirklich mehrere sind, man weiß ja nie), ihre Identität nicht preisgeben, verquickt düstere elektronische Sequenzen mit dem atmosphärischen Impetus von Gothic, Ethno-/Folklore-Sounds, der Kühle von Minimal und dem intellektuellen Anspruch eine avantgardistischen Elite. Über allem steht der Garant für die absolute Einmaligkeit von Dvar, nämlich der "Gesang". Gesungen wird auf den Titeln tatsächlich, und zwar in einer faszinierenden, schier unerschöpflichen Fantasiesprache, wie sie nur kleine, freche, völlig überdrehte Kobolde oder Trolle beherrschen. Und genauso klingt es auch, wenn bei Dvar gesungen wird. Den Vogel schießt aber in jeder Hinsicht die Live-Version von "Rakhilim" ab, ist hier doch tatsächlich eine frenetisch jubelnde und sicher mitsingende Fanschar zu hören, während Dvar sich wie ein wildgewordener Kindergartenchor gebärdet. Ein Dvar-Konzert live - eigentlich unvorstellbar ... Der freche, oft lustig anmutende Kirmessound ist abgedreht und wild, offenbart immer wieder seine düsteren, gruseligen Geisterbahnseiten. "Highlights of lightwave I" ist wie schnelles Karussellfahren. Alle 19 (!) Titel laufen jeweils nur wenige Minuten und an einem Band flott durch – ein Kirmesschnelldurchlauf quasi. Je öfter und intensiver man sich mit den Dvar'schen Kompositionen beschäftigt, umso mehr Schönheit und Anmut lässt sich in ihnen entdecken. Immer wieder wird das verrückte Rummel-Feeling unterbrochen von opulenten melodischen Parts, doch leider schwindet irgendwie immer die Ernsthaftigkeit, sobald die Vocals einsetzen. Ein breites Grinsen zwingt sich einem auf das Gesicht und ein ordentlicher Schuss Wodka täte eigentlich Not, um Teil I ohne das Gefühl eines nahe an der Verstandesgrenze operierenden Hirnes zu überstehen – wäre das nicht auch die latente Tiefgründigkeit, die fiese Ironie, der harte Zynismus und das Mysterium der Band an sich – und Teil II ...

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