Wenn eine Band rund 25 Jahre im Geschäft ist, durchläuft sie in der Regel verschiedene Phasen. Bei De/Vision waren es unter anderem neue Produzenten, musikalische Experimente und viele Labelwechsel, bis zu guter Letzt die Gründung eines eigenen Labels eine neue Zeitrechnung eingeleitet hat. Und seit Popgefahr Records existiert, sind die Wahlberliner sehr produktiv. Nach dem Album „Popgefahr“ (2010) und den darauf folgenden Remix-CDs, folgt nun im August das neue Album „Rockets And Swords“. Was umgehend Kritik laut werden ließ, dass diese Produktivität nicht auf Kreativität basiert, sondern auf Geschäftssinn. Unterkühlt und mit einem schlanken Beat steigen Steffen Keth und Thomas Adam mit „Boy Toy“ ein, wobei schon hier zum Tragen kommt, was sich durch fast alle Songs zieht – die Songs auf „Rockets And Swords“ sind durchzogen mit (Retro-) Zitaten. Anleihen bei Depeche Mode, den Achtzigern oder den frühen De/Vision werden so eingewoben, dass die Kompositionen stimmig bleiben. Stimmig ist das Stichwort. Bei „Rocktes And Swords“ passt fast alles. Die beiden nehmen sich die Zeit, wo sie es für nötig erachten. Ein schönes Beispiel ist das Ende der Ballade „Want To Believe“, wenn Streicher die Melodie übernehmen. Mit „Superhuman“ zeigen die Herren, dass sie die klassischen Synth-Pop Nummern noch draufhaben. Einfacher und klarer nennt Thomas den De/Vision Sound im Jahr 2012. Getragen, ja traurig wird es mit „Beauty Of Decay“ und „Brotherhood Of Man“, bevor mit „Stargazer“ ein typischer De/Vision Track folgt. Abwechslung bringt das kalte „Binary Soldier“. „Bipolar“ hingegen könnte das Label „Oldschool-Synth-Pop“ bekommen. Sicher ein Kleinod für alle, die noch die alten De/Vision Stücke lieben. Überhaupt kommen gegen Ende des Albums herrlich nostalgische Gefühle auf („Mystified“), ohne das die Hessen auch nur ansatzweise angestaubt klingen. Das ruhig startende „Running All Night“ mit seinem mitreißenden Refrain ist für mich der Höhepunkt von „Rockets And Swords“. Die limitierte Version mit zwei zusätzlichen Songs (u.a. „Kamikaze“ mit deutschem Text) liegt mir leider nicht vor. Über den Sinn und Unsinn von Remix-CDs kann man ohne Frage streiten. Fakt ist aber, dass auf „Rockets And Swords“ die Qualität stimmt. Es gibt natürlich immer noch etwas zu optimieren. Manche Refrains könnten ein wenig ergreifender ausfallen und auf den einen oder anderen Reim könnte verzichtet werden („Boy Toy“). Aus meiner Sicht haben De/Vision ihr bestes Album seit sehr, sehr langer Zeit produziert und auch das beste Synth-Pop Alben des bisherigen Jahres. Und spätestens gegen Ende der CD sollten bei Fans der ersten Stunde Freudentränen aus den Augenwinkeln kullern. Bin begeistert - herzlichen Dank.