Der Heavy Metal unserer Zeit wird mehr und mehr zu einem Stelldichein der Marktschreier. Wer ist am schnellsten, wer am bösesten, wer am aggressivsten? Wer ist der Toughste, wer hat den Größten? Dabei wissen wir doch längst alle: Nicht auf die Größe kommt es an. Sondern auf die Technik. Und hier haben Credic ihren Auftritt! Diese Bande beängstigend talentierter Typen aus Stuttgart hält sich nicht mit Szene-Klischees auf, will das Wort „true“ nicht auf Teufel komm raus mit „v“ schreiben und konzentriert sich stattdessen lieber auf das, worum es eigentlich gehen sollte: Verdammt packende Musik. Wann hat man eigentlich damit aufgehört? Die Frage, die sich Credic bei ihrer Gründung stellten, war dennoch keine einfache: Was zum Henker sollen wir spielen? Und bevor Credic bei ihrem bissigen, epischen und unverschämt einprägsamen Melodic Death Metal ankamen, wollte die reichlich eigenwillige musikalische Sozialisation aus den ähnlich eigenwilligen Köpfen vertrieben werden. Wo in Jugendtagen von Uriah Heep bis Massive Attack alles erlaubt war, was Laune machte, einigten sich Credic zumindest rein stimmungstechnisch auf die groben Referenzpunkte Metallica, Dark Tranquillity und In Flames. Und unter uns: Man könnte es deutlich schlechter treffen. Aus dieser Basis extrahieren sie jetzt einen Sound, wie er untypischer für Stuttgart nicht sein könnte. Wo üblicherweise Pseudo-Rapper in Pandamasken oder sozial unverträgliche und psychisch angeknackste Post-Punk-Bands für Schlagzeilen sorgen, erhebt sich eine Melodic-Death-Metal-Macht, wie sie diese Region lange nicht zu hören bekommen hat. Ihr neues Album „Agora“ vereint die eisige Epik des schwedischen Death Metals mit klassischem Metal-Riffing, satten Grooves und orchestraler Grandezza, schafft bei aller Härte aber stets den Spagat zwischen Anspruch und Futter für eine ganze Armada an Ohrwürmern. Erschaffen als Gemeinschaftswerk, das Befindlichkeiten und Egos zerpulvert wie das Anfangsriff von „Raining Blood“, sind Credic mehr als die Summe ihrer Teile. Deshalb dient das Sammelbecken des Melodic Death Metal ausdrücklich nur als kleinster gemeinsamer Nenner eines Albums, das viel mehr beinhaltet als das. „Bei uns steht nicht ein Stil, sondern die Spannung und Wirkung eines Liedes im Fokus“, schaltet sich Schlagzeuger Waldemar Janzen ein. „Unsere Lieder erzählen ihre eigenen Geschichten und sollen nicht in ein Stilkorsett gezwungen werden.“ Stattdessen ist es den Stuttgartern viel wichtiger, Klischees zu durchbrechen und der omnipräsent bösen, breitbeinigen und oftmals engstirnigen Welt dieser Musik eine vollkommen ehrliche, unaufgeregte Note zu verleihen. Am Ende muss eben immer ein Credic-Song dabei herauskommen, der Kopf und Herz befriedigt. Oder wie Janzen sagt: „Manchmal feiert der Kopf, meistens das Herz.“ Ohne jetzt gleich eine neue Revolution, den nächsten Metal-Kataklysmus oder Bravo-Starschnitt (gibt‘s den noch?) prophezeien zu wollen, wird jeder halbwegs versierte Metal-Aficionado feststellen, dass hier gerade etwas Großes entsteht. Und „Agora“ ist da nur der erste Zug auf dem Schachbrett.