Coppelius gründete sich nach eigenen Angaben im Jahr 1815. Das Sextett, bestehend aus Max Coppella, Le Comte Caspar, Graf Lindorf, Bastille, Sissy Voss und Nobusama, blickt also schon auf ein paar Jährchen der Erfahrung zurück – nichtsdestotrotz liegt uns mit „Tumult!“ erst das zweite Studioalbum vor. Schon ihr Debütalbum „Time-Zeit“ sorgte im Jahr 2007 für einiges Aufsehen, erfüllten die Herren mit ihrem in aller Konsequenz durchgeführten Extrem-Retro-Charme alle Ansprüche für eine zeitvergessende Hörerschaft... Allein das Erscheinungsbild spricht für sich: edle Herren in Frack und Zylinder, mit einem dezent-versnobten blässlichen Teint, die sich in aller Hingabe ihren Instrumenten – namentlich Klarinetten, Cello, Kontrabass und Schlagzeug – widmen. Es wurde also Zeit, dass auch ich mich einmal mit dem copellianischen Kosmos beschäftige und mich mit dieser etwas eigenen zeitverdrehten Welt auseinandersetze. „Tumult!“ kommt in wirklich hübscher Aufmachung daher. Das hochwertige Booklet lohnt mehr als ein kurzes Durchblättern der Seiten. Die ehrenwerten Herren wurden hier einzeln abgebildet, alle Texte abgedruckt und auch die Danksagungen lohnen durch die dünkelhafte Sprachakrobatik der Berliner allemal einen Blick. Musikalisch bewegt sich Coppelius in dem mehr oder minder allgemeinen Genre des sogenannten Mittelalter-Metal, wenngleich sie selbst ihre Musik hübsch als Kammercore bezeichnen. Die Vergleiche zu den szenenahen Größen wie Subway to Sally, Schandmaul und die „älteren“ Letzte Instanz drängen sich auf und lassen sich nicht leugnen... schon gar nicht, wenn man die Zusammenarbeit mit Eric Fish bei der wirklich gelungenen Inchtabokatables-Coverversion zu „Rightful King“ hört oder von der Zusammenarbeit mit Frau Schmitt bei „Komposition“ erfährt. „Tumult!“ gewinnt durch die gezielt eingesetzten Zitate E.T.A. Hoffmanns zu Beginn und Ende des Silberlings an Charme – erinnern sie doch an eine novellenhafte Rahmenhandlung, wie sie die großen Romantiker ihrer Zeit gebrauchten. Generell lehnen sich Copellius in ihrem Schaffen vornehmlich inhaltlich sehr an das Schaffen Hoffmanns an (vor allem an die Erzählung „Der Sandmann“), was zuweilen eine große Interpretationsvielfalt zulässt und einen dazu ermutigt, den entsprechenden Griff ins Bücherregal mal wieder zu tätigen. Die Themen um Mord, Gier, Diebstahl, Phantasie, Neid usw. werden in vielfältiger, oft ironischer Weise abgehandelt – die konsequent „antiquierte“ Sprache lässt originelle Ideen erkennen. Die Musik ist mal treibend, mal einfühlsam; mal pompös, mal etwas ruhiger. Die Klarinetten bringen ein wenig Eigenwilligkeit in das Schaffen – ist man durch Apocalyptica und die Inchties ja schon daran gewöhnt, im härteren Musikbereich nicht mehr unbedingt malträtierte E-Gitarren zu erwarten. Leider muss man nach all den löblichen Worten anmerken, dass die Musik an sich trotz allem in Melodieführung und Gesamteindruck sehr an Subway, Schandmaul und Co erinnern. Die Parallelen zu diesen Bands sind mitunter so deutlich, dass man sie fast schon identisch nennen möchte. ABER: eingefleischten Hörern dieser Musikrichtung sei „Tumult!“ wärmstens empfohlen, denn es bietet alles, was man aus diesem Genre erwartet: mitsingtaugliche, den Spaßfaktor garantierende Texte; eine sehr tanz- und hüpfbare Melodieführung sowie generell einen recht hohen Unterhaltungswert... und vielleicht durch die stetige, in allen Bereichen durchgezogene altmodische Beharrlichkeit auch ein bisschen mehr. :o)